worin vorkommen: Arnoldstein, Pöckau, Gailitz, der Dobratsch, der Hohenthurner Wald, die Slizza, die Gail, Unterstossau, Seltschach, das
Dreiländereck, Slowenien, Italien, Klagenfurt, der Friaul, Villach, Sankt Martin, Warmbad, die St. Lambert-Kirche, Thörl, die Ladina, Gsöls, Kroatien, Tschechoslowakei, Südoststeiermark, Kirchberg an der Raab, die Raab, Mittelsteiermark, Ungarn, Györ, der Gsölser Hof, Graz, Finnland, Chamonix, Thalerhof, die Pension Monschein, Finkenstein, der Faakersee-Hof, Sardinien, Landskron, Bonn, die Schweiz, der Zürich-See, Amaro, der Wanker-Hof, das 'Wellcum', der Gasthof Wallner, der Gasthof Aichholzer, Udine, Mali Lošinj, Veli Žal, das Hotel Aurora, Triest, Brestova, Porozina, Cres, Ozor, Beli, Krk, Rab, Rijeka, der Allgäu, das Mürztal, das Rosental, Tarvis, Kranjska Gora, Rateče, Mojstrana, der Bürgermeister Erich Kessler, der Kaiser Franz Joseph, Elisabeth (Sisi), Karl I., Zita von Boubon-Parma, Roger Federer, Andre Agassi, der Vizebürgermeister Reinhard Antolitsch, der Vizebürgermeister Zussner, die Bleiberger Bewrgwerksunion (BBU), die Chemson, der Villacher Arbeiter-Sportverein (VAS), der Saubauer, der Villacher Sport-Verein (VSV), die Bank Austria, die Polizia Stradale, die Raiffeisenbank, Bäckerei Selitsch, Ožujsko Bier, sowie drei Jahre ehrenamtliche Fron
Jetzt ist es raus. Ich habe mich geoutet. Den Vorstand habe ich schon früher informiert. Jetzt wissen es alle. In meiner Ansprache am Finaltag des Vereinsturniers habe ich nach dem üblichen Blabla bekanntgegeben, dass ich als Obmann und Soile als Schriftführerin in der nächsten Saison nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Poldi Agneses Applaus war betont laut. Der der anderen Zuhörer verhalten. Ich glaube, sie akzeptieren, dass wir mit siebzig nicht mehr an vorderster Stelle in den Stürmen des Vereinsgeschehens stehen wollen, denen wir drei Jahre lang getrotzt haben. Wer weiß, wie lange es uns noch vergönnt sein wird, diesen wunderbaren niederträchtigen Sport auszuüben. Für jeden Tag muss man dankbar sein wie für ein besonderes Geschenk. Und diese letzten Tage möchten wir unbeschwert auf dem Platz verbringen ohne die ständige Sorge um tausend kleine Problemchen und manches riesengroße im Verein. Den Rest der Saison werden wir natürlich noch abwickeln. Ich werde versuchen, meinen Vize zu überzeugen, dass er der richtige Nachfolger wäre. Peter Stern sen. ist ein paar Jahre jünger und mit besseren Führungseigenschaften gesegnet als ich selbst. Das habe ich in den drei Jahren unserer Zusammenarbeit zweifelsfrei feststellen können. Wäre doch optimal, jeder opfert ein paar Jahre, den Verein bringt das weiter.
Bürgermeister Erich Kessler geht in seiner Ansprache auf meine Mitteilung ein. Wie jedes Jahr bei diesem Anlass lobt er unseren Verein über den grünen Klee. Man spüre das Zusammengehörigkeitsgefühl in diesem Verein, das Engagement seiner Funktionäre, man schätze die vorbildliche Jugendarbeit, und so fort. Diesmal fügt er noch den Dank an mich hinzu für die ehrenamtlichen Leistungen, ohne die eine Gemeinde nicht bestehen könne. Von Soile redet niemand. Poldi applaudiert demonstrativ nicht. Ob Poldi applaudiert oder nicht, ich bin unsagbar erleichtert. Noch ist es nicht ganz vorbei, doch die Last beginnt abzufallen.
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Das mit Poldis Applaus ist nämlich so: Wir haben im Verein eine überaus aktive Seniorengruppe, bestehend aus echten Veteranen und Jüngeren, die aus irgendwelchen Gründen am Dienstagvormittag Zeit haben zum Tennisspielen. Von ihr sind jeden Dienstagvormittag alle drei Plätze für vier Stunden fast vollständig mit Doppelspielen belegt, das heißt es sind um die vierundzwanzig Akteure im Einsatz. Für eine nicht gar so große Gemeinde wie Arnoldstein ist das viel. Poldi hatte das schon organisiert, als Soile und ich zum Verein gestoßen sind. Natürlich sind die Seniorenspiele bald ein fester Bestandteil unserer Aktivität geworden, zumal die Seniorentruppe uns auch ein breites Reservoir an Partnern eröffnet hat, mit denen wir auch außerhalb der Dienstage Termine vereinbaren konnten. Nun, Poldi, an die sechzig, ist ein rauer Lackel mit verletzlicher Seele, übermäßig verletzlich, wie sich zeigen wird. Untersetzt, bullig, immer ein wenig Schärfe, sogar im Schmäh. Er spielt auch Tennis mit diskretem Talent. Übrigens auch seine Frau Inge, die in der Apotheke beschäftigt ist. Dem Vernehmen nach hat Poldi schon bei verschiedenen Organisationen angedockt, wie etwa bei der Feuerwehr, hat es aber nie zu einer dauerhaften Mitgliedschaft gebracht. Sein Gefühl, seine Leistungen seien unbedankt geblieben, er ungerecht behandelt, hat ihn immer wieder vertrieben - im Zorn. Andererseits, er hat für die Arnoldsteiner Kinder Seifenwagenrennen organisiert, Sponsoren aufgetrieben und den Erlös einer karitativen Organisation gespendet. Das hat er aber allein gemacht und musste dabei niemandem Rechenschaft geben.
Zu unserer Veteranentruppe gehören auch die Langmaiers. Dagmar und Helmut. Dagmar redet gern und wiederholt dabei immer wieder die Geschichte von ihrer USA-Reise vor dreißig Jahren, gibt sich gern interessiert an ihrem Gegenüber, wird aber schon beim nächsten Mal wieder dieselben Fragen stellen, vielleicht auch weil sie schwerhörig ist. (Es reicht nicht, wenn man Out ruft, man muss es anzeigen.) Sie ist bei allen möglichen Vereinen dabei, dadurch jeden Tag beschäftigt, auch mit sozialem Engagement, beispielsweise bei den Gehörlosen, deren Gebärdensprache sie erlernt hat. Sie bildet sich ein, Mundartdichterin zu sein, reimt Verse für alle möglichen Anlässe. Die Reime sind leider, wie oft bei den Hobbydichtern, verhatscht und das Metrum stolprig. Sie hat früher im Lebensmittelkaufhaus Konsum gearbeitet. Ist verheiratet mit Helmut, Arbeiter in der Dachdeckerei. Ein einfacher, kleiner Mann, der gern Bier trinkt. Die Hosenträgerin ist eindeutig Dagmar. Auch Helmut spielt des Öfteren mit uns. Engagiert und einsatzfreudig. Dagmars Tennis ist nicht besonders schön, aber maskulin und vor allem effektiv. Bei den diversen Vereinsturnieren ist sie im Mixed Doppel immer vorne dabei. Dagmar und Helmut leben in einer kleinen Genossenschaftswohnung an der Hauptstraße, dazu haben sie einen schönen Garten gepachtet von der Bahn hinter dem Bahnhof. Sie haben einen Golden Retriever namens Bea und Adam, den schwarzen Kater. Es liegt auf der Hand, dass Bea mitkommt, wenn Dagmar und Helmut gemeinsam auf dem Tennisplatz sind. Die Hündin ist gutmütig, ob ihres Alters ruhig, behäbig und folgsam. Wobei es natürlich vorkommen kann, dass Bea durch ihre natürliche Größe ein kleines Kind anstößt oder einen Erwachsenen unerwartet an der Hand leckt. Das alles ist Poldi ein Dorn im Auge.
Dann, lange bevor ich Obmann wurde, geschieht folgendes: Die Truppe sitzt nach dem Spiel müde auf der Terrasse bei Bier und Limo. Helmut lehnt, sein zweites Bier in der Hand, an der Terrassenbrüstung. Dagmar hat Bea fürsorglich einen Napf mit Wasser hingestellt. Irgendjemand stößt versehentlich gegen die Schüssel, das Wasser schwappt auf den Boden und vermischt sich mit dem Sand aus den Tennisschuhen. Unweigerlich verteilt sich der Gatsch auf der Terrasse, in der Küche und in den Umkleiden. Poldi dreht durch.
“Heast es zwa Trampeln mit dem Hutschpferd, es kennts euch jetzt schleichn zsammt dem Zirkusbärn und wann i euch da noamol siech, hau i euch übers Glanda obe!” Er ist so zornig, dass man keinen Zweifel hat, seine riesigen Hände würden es wirklich machen. Während er weiter wüst schimpft, sind alle laufenden Gespräche zum Stillstand gekommen. Dagmar schultert schweigend ihre Tennistasche, nimmt Bea an die Leine und verlässt die Terrasse. Helmut folgt ihr.
Poldi schimpft weiter. Es dauert eine Weile, bis uns klar wird, Poldi hat Dagmar und Helmut gerade aus dem Klub geschmissen. Obgleich Dagmar nicht zum Innenkreis meines Sympathieumfeldes zählt, ist mein Widerspruch spontan: “Hörst, Poldi, das kannst doch net machen.” Abgesehen davon, dass der Anlass eine solche drastische Maßnahme nicht rechtfertigt, sie könnte doch nur nach einem statutenkonformen Verfahren gesetzt werden und sicher nicht von jemandem, der im Verein keinerlei Funktion hat. Poldi bekräftigt, er werde Dagmar über die Terrassenbrüstung schmeißen, sollte er sie hier nochmals sehen. Ich befürchte, er werde das auch mit mir machen, wenn ich weiter für Dagmar Partei ergreife.
Ich schaue in die Runde. Die meisten schauen verdattert, unschlüssig. Da fordere ich die Anwesenden auf, ihre Meinung zu äußern, ob sie mit Poldis Vorgehen einverstanden sind. Jetzt zeigt sich die österreichische Zivilcourage. Man schaut betreten weg, flüstert mit seinen Nächstsitzenden. Poldi ist jetzt auch still. Da meldet sich Helmut Mühlbacher, ebenfalls Hundebesitzer, aber ich erinnere mich nicht, ob schon zu diesem Zeitpunkt. “Na, das geht wirklich net”, bestärkt er die Verteidiger. Das bricht ein wenig die Verlegenheit der anderen. Man hört jetzt vermehrt Kommentare zugunsten Dagmars. Das wieder ist unerträglich für Poldi. Er spürt, seine sieben Jahre auf dem Geisterschiff sind um. Wortlos verlässt er die Anlage und wurde seither nicht mehr gesehen, es sei denn sporadisch als Zuschauer. Seiner Frau verbat er jeden Umgang mit uns. Schade, sie hätte gerne mit uns weitergespielt, aber ich bin sicher, Poldi hätte sie dann über irgendein Glanda gschmissn.
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Nachdem auch die Pöckauer Tennisanlage dem Verfall anheimgegeben ist, bleibt zur Ausübung der niederträchtigsten aller Sportarten nur noch der Tennis Club Arnoldstein in Gailitz. Die beiden Brücken für die Bundesstraße und die Eisenbahn mit ihrem zeitweise regen Verkehr stören anfangs, doch mit der Zeit gewöhnt man sich und nimmt sie gar nicht mehr zur Kenntnis. Abgesehen von diesem leichten Makel liegt aber auch diese Anlage wunderschön in der herrlichen Landschaft. Im Norden erhebt sich ein Hügel mit dem Gailitzer Bergkircherl, dahinter die imposante Südwand des Dobratschs in Cinemascope. Im Nordwesten der Hohenthurner Wald. Gleich neben dem westlichsten der drei Courts bricht das Gelände zehn Meter hinunter zur reißenden Slizza auf ihrem letzten Kilometer bis zur Mündung in die Gail, wo gerne die Reiher ziehen. Wenn ein Arnoldsteiner vom Fluss spricht, sagt er Schlizza. Meint er den Ortsteil am Fluss, sagt er Gailitz. Gailitz ist auch der deutsche Name der Slizza. Am jenseitigen Ufer, schon zur Gemeinde Hohenthurn gehörig, die kleine Ansiedlung von Unterstossau. An der Südseite der Courts steht anschließend an eine Rasenfläche das sauber renovierte Zweifamilienhaus von Herbert und Stefanie Dlaska mit deren Gemüse- und Blumengarten und Herberts Driving-Range. Weiter drüben steigen hinter dem Schrotturm die bewaldeten Berghänge an zum Seltschacher Höhenzug und zum Dreiländereck mit der Grenze zu Slowenien und Italien. An der östlichen Grenze strömt das Wasser des Werkkanals vorbei. Weiter flussauf der Slizza abgezweigt schießt es auf ein kleines Kraftwerk zu, um nach Ablieferung der wertvollen Energie sich wieder mit der Slizza zu vereinigen. Der Kanal ist ein Segen für uns, denn wir dürfen ihm das ganze Nutzwasser zum Spritzen der Plätze entnehmen. Das wird sich auch nicht ändern, wenn später der Kanal zugedeckt wird mit einem Erddamm. Man wird eigens für die Tennisanlage einen Abzweiger einrichten.
Der Kanal fließt an der Rückseite des Klubgebäudes vorbei, das Freiwillige 2004/2005 ausgebaut haben. Zwei Umkleiden, Küche und überdachte Terrasse. Von der Terrasse aus, die wie das ganze Clubgebäude etwa zwei Meter über dem Niveau des Geländes liegt, lässt sich das Geschehen auf Platz 1 sehr gut, Platz 2 einigermaßen beobachten. Bis zum Dreier-Platz ist es etwas weit. Die Terrasse ist das Zentrum des geselligen Zusammentreffens. Einige Tische und Sessel laden ein, sich zu einem Getränk niederzulassen, auch zu einem kleinen Imbiss aus der Kantine oder auch nur zum Regenerieren für die nächste Partie. Autos werden von der Anlage ferngehalten. Nur die Wagen der Hausbewohner und des Kantinenpersonals dürfen einfahren. Alle anderen müssen auf einem Parkplatz außerhalb abgestellt werden. Das fördert den Eindruck einer idyllischen Ruheinsel. Im Sommer queren des Öfteren Leute und Kinder die Anlage, um zur Slizza hinabzusteigen, wo sie auf den Schotterbänken, die dem Wildwasser trotzen, einen Badetag verbringen.
Die drei Courts sind Süd-Nord ausgerichtet. Sie grenzen nicht direkt aneinander, sondern mit Respektabstand. Das ist darauf zurückzuführen, dass nicht alle Plätze gleichzeitig errichtet wurden. Bereits 1926 haben leitende Beamte der BBU (Bleiberger Bergwerks Union) in Eigenleistung einen Tennisplatz angelegt. Als Umkleide diente eine primitive Holzhütte. Die Katastrophen der folgenden zwanzig Jahre sind bekannt. Zur Gründung eines registrierten Tennisvereins kam es 1950 als Werkssportverein der BBU. Tennis war damals ein Elitesport. Dem Verein gehörten vor allem die Führungskräfte aus allen Standorten der BBU an, bis hin nach Klagenfurt. Herbert Dlaska, damals junger Ingenieur der BBU, noch nicht wohnhaft in dem Wohnhaus am Tennisplatz, fungierte den Direktoren als Ballbub und eignete sich auf diese Weise Tennisfähigkeiten an, die er schon bald im Kampf gegen die Direktoren unter Beweis stellen konnte. Um 1970 baute man den zweiten Platz, kurz danach auch den dritten.
In den 1980ern entwickelte der Tennissport sich nach und nach zum Breitensport, nicht zuletzt, weil die vielen aktiven Fußballspieler, der Verletzungen überdrüssig, die Stoppelschuhe an den Nagel hängten und nach einer ruhigeren Sportart suchten. Der Werkssportverein öffnete sich nun auch betriebsfremden Mitgliedern. Der Fußballverein von Arnoldstein befand sich am Ende seiner Hochblüte. Die Kampfmannschaft war 1974 in die Landesliga aufgestiegen, also in die höchste Kärntner Spielklasse. 1976/77 spielte man um den ÖFB-Cup. Von den heutigen Tennisspielern kämpften damals etliche auf dem Fußballfeld. So auch die Brüder Morolz, Gerhard, Josef und Günter. 1981 begann der Abstieg der Arnoldsteiner aus der Kärntner Liga in die Unterklassen. Die Brüder Morolz und andere Exfußballer tauchten beim Tennis auf. Günter übernahm 1988 die Obmannfunktion. Mit der Krise der verstaatlichten Industrie kam es zur Zerschlagung der BBU. 1991 war es auch mit dem Werkssportverein vorbei. Es kam zur Gründung des unabhängigen Tennisclubs Arnoldstein mit dem Obmann Günter Morolz. Er blieb es all die Jahre bis 2011. Dass dann die Müdigkeit Oberhand gewann, kann ihm niemand verdenken. Günter erklärte, für die nächste Saison nicht mehr zur Verfügung zu stehen.
Soile und ich sind auf dem Tennisplatz so oft wie möglich. Wir betätigen uns als Hobbyspieler. Soile fast ausschließlich im Doppel, ich zunächst auch noch im Single. Ein paar Mal stellt man mich auf für Meisterschaftsspiele der Alterskategorie 50 Plus. Fürs Auge dürfte ich ganz gut gespielt haben, denn oberflächlich beobachtet hat man mit klaren Siegen meinerseits gerechnet. Daraus wird aber nichts. Ich verliere fast immer deutlich. Bin ich nicht niederträchtig genug? Meine Gegner haben aber auch beträchtlich weniger Lebensjahre vorzuweisen als ich mit meinen mehr als sechzig. Die Teilnahme am Meisterschaftsbetrieb gebe ich bald wieder auf. Der Zeitaufwand ist zu groß. Wenn auswärts zu spielen ist, trifft man sich früh morgens oder zu Mittag auf unserer Anlage, fährt dann gemeinsam ein, zwei Stunden durch Kärnten. Zuerst spielen die besseren Mannschaftsteilnehmer ihre Partien, erst danach kommt mein Single oder auch nicht, wenn ich nur in einem noch später beginnenden Doppel dabei bin. Dann die lange Rückfahrt. Oft beginnt es zu regnen und die Partie muss abgebrochen werden oder sie beginnt erst gar nicht. Fahren muss man aber trotzdem, denn wenn man nicht da ist, werden die Gegner behaupten, man hätte spielen können und die Partie wird zu ihren Gunsten gewertet. Tja, die Niedertracht. Einmal in Treffen bin ich in einem Single Satz voraus und ein Game vor Sieg, als es zu regnen beginnt. Natürlich entscheiden die Gegner auf Unterbrechung. Es hört aber nicht auf. Die Partie muss verschoben werden. Eine Woche darauf spiele ich das Match fertig. Vier Punkte, gewonnen, fertig. Einen halben Tag unterwegs für zehn Minuten Tennis. Da spiele ich lieber daheim ohne Stress irgendeine Hobbypartie.
Meine Mannschaftskollegen sind Wilfried Fasching, Paul Filipp, Herbert Rajakovitsch, Hans Hutter, Heinz Knapp. Wilfried ist einer der Betriebsleiter der Chemson, ein chemischer Betrieb in der Industriezone. Er ist ein paar Jahre jünger als ich, hohe Stimme, drahtig, umgänglich, Schitourengeher, sehr guter Tennisspieler. Pauli ist einer der wenigen, die ein paar Jahre älter sind als ich. Trotzdem hat er noch eine blendende Figur, groß gewachsen, drahtig auch er, volkstümelnd, humoriger Typ, mit dem man sofort per Du ist. Als junger Mann immer hinter den Frauen her, der Schmäh muss immer rennen, Zollbeamter in den Bergen, später an der Straßengrenze. Sportlich ein Vieh. Du kannst den Ball hinüberschießen, sooft du willst, wohin du willst, die Kugel wird zurückkommen. Zermürbend. Rajakovitschs haben wir zwei, das heißt, der andere schreibt sich Rajakowitsch mit w und heißt Heinz. Der war schon Sektionsleiter Tennis, noch bevor Günter Obmann wurde. Cheftrainer und leitende Funktion im örtlichen Schiverein. Eishockey, Schi, Fußball, sind die Sportarten, die für einen Kärntner an wichtigster Stelle stehen. Auch Tennis liegt Heinz sehr. Der Kämpfertyp gehört zu unseren Allerbesten und war mehrfach Vereinsmeister oder sehr knapp dabei. Mein Mannschaftskollege ist aber Herbert Rajakovitsch, der kleine Herbertl. Klein und quirlig, jüngerer Jahrgang, gerade erst spielberechtigt in unserer Altersklasse. Hans Hutter ist Besitzer der Drogerie auf dem Hauptplatz. Weithin bekannter Kräuterspezialist und Naturheiler. Beim Tennis ein guter Techniker, den nichts aus der Ruhe bringt. Schließlich Heinz Knapp, ehemals Amtsleiter der Gemeinde. Kenner des Friauls und seiner Weine. Schlaksiger Allrounder. Hans und Heinz sind vorwiegend im Doppel unterwegs.
Die Tennisepisoden der ungeliebten Meisterschaft hinter mir gelassen, stürze ich mich mit Soile umso eifriger in den Betrieb auf unserer Anlage. Dienstags gemischtes Seniorentennis, donnerstags frei vereinbarte Partien, Soile mit den Damen, ich mit den Männern. Dazu kommen oft noch weitere Spiele, die sich spontan ergeben. Natürlich sind wir in den Sommermonaten vom Wetter abhängig und immer wieder fallen uns deshalb Termine aus. Der Frühling, an sich meine bevorzugte Jahreszeit, ist in Südkärnten oft von anhaltendem Schlechtwetter beeinträchtigt. Kälte und Nässe überwiegen. Die Sommer sind trocken und heiß, aber mit gelegentlichen Kaltfronteinbrüchen und sogar unwetterartigen Episoden. Am beständigsten ist das Wetter im Herbst, der sich lange Zeit golden und mild gibt. Damit hat der Kärntner Herbst meinem Frühlingsfaible längst den Rang abgelaufen. Nicht selten haben wir noch Anfang November Tennis gespielt und die Netze erst Ende November eingewintert. Über den Winter haben wir den dienstäglichen Seniorenbetrieb aufrechterhalten, indem wir in Villach Hallenplätze gemietet haben beim VAS (Villacher Arbeiter Sportverein) in Sankt Martin. Die Frauen für ihre Donnerstage dazu noch in Warmbad. Das haben wir als Privatinitiative der Interessierten ohne Beitrag unseres Vereins organisiert, dessen Finanzkraft so weit nicht gereicht hätte. Ich habe daneben noch bei anderen Gruppen mitgemacht, wie zum Beispiel montags bei Norbert Moschet und samstags mit Markus Ohler und anderen Kapazundern. Mangel an Bewegung konnte man uns wirklich nicht vorwerfen.
Norbert Moschet ist Frühpensionist. Seine Krankheit hat ihn zu einem voluminösen Koloss gemacht. Seine riesenhafte Gestalt steht in Widerspruch zu seiner Hypochondrie. Ihm gehört das schicke knallrote Mercedes Cabrio, das des Öfteren in der Umgebung des Tennisplatzes auf seinen Besitzer lauert. Tennis spielt er nur noch winters in der Halle in Warmbad. Aus dem Stand, meistens, aber dann, völlig unerwartet, macht er eine Drehung und zwei rasche Schritte, erwischt den Ball und raketet ihn uns um die Ohren. Im Kontrast zu diesem Hünen ist Helga, seine Frau, schlank und rank, alle Sehnen gespannt wie die Saiten ihres Rackets, jederzeit bereit für magische Schläge. Die beiden wohnen in einem der ältesten Häuser Arnoldsteins, gegenüber der St. Lambert-Kirche. Trotz Restaurierung sieht man dem Gebäude seine Mittelalterlichkeit an, seine Vergangenheit als erster Gasthof im Ort, in dessen bester Kammer die Kaiserpaare Franz Joseph und Sissi sowie später Karl und Zita nächtigten, in dessen Rittersaal 1753 der letzte Hexenprozess Kärntens ein gutes Ende für die Beschuldigte nahm.
Als Markus Ohler sich endlich entschloss, seine langjährige Partnerin Siegrid zu heiraten, bekamen die beiden von seinen Tennisfreunden eine Ballonfahrt geschenkt. Er hat den Gutschein nie eingelöst. Mutiger sind die beiden bei Ausübung ihrer Hobbys. Siegrid auf dem Motorrad, Markus beim Tennis. Markus kennen wir seit der Zeit im Konventgarten. Den feinen, liebenswürdigen Mann, der niemals irgendjemanden verletzen könnte, haben wir im Lauf der Zeit als einen unserer liebsten Freunde gewonnen, und das trifft ohne Einschränkung auf seine nicht weniger feine und liebenswürdige Tierliebhaberin Siegrid zu. Ihre Katzen heißen Mephisto und Gretchen, das halbe Wohnzimmer wird von einer Voliere mit zwei kreischenden Pfirsichköpfchen eingenommen. Tennis spielt Siegrid nicht, aber Markus hat den Lehrwart und hat als solcher positiven Einfluss auf unsere Fertigkeiten genommen. Markus war nach dem Aus des Konventgartens immer mehr mit der Tennissektion in Thörl verbunden, dessen Leiter er lange Zeit gewesen ist. Daher bekamen Soile und ich auch viel Kontakt mit der ‘Ladina’, dem Standort der Thörler Sportanlage. Markus organisierte dort manches kleine Turnier, wobei wir den einen oder anderen unbeschwerten Tennistag verbrachten. Das Klubhaus auf der Ladina ist ziemlich großzügig ausgebaut. Große Küche um die kleine Kaffeemaschine, kleines Stüberl, ebenso spärlich benützt wie der riesige Saal. Man hält sich hauptsächlich auf der weiten Terrasse auf, obwohl kaum Sonnenschirme vor der glühenden Sonnenhitze schützen, aber man kann abwechselnd auf den einen und den anderen Tenniscourt schauen. Es gibt einen Fußballplatz von Stadionformat und gepflegtem Rasen und eine Laufbahn ringsum von olympischer Länge. Tatsächlich ist der Sportverein Thörl führend im Kärntner Nachwuchs-Laufsport. Im Untergeschoss sind zwei Umkleiden für die Fußballer untergebracht, die kleinere für die Gastmannschaften, und zwei große Duschräume. Die Anlagen für die Damen und den Fußballschiedsrichter sind dagegen winzig. So großzügig die Anlage für die Männer konzipiert ist, so wenig lassen Gedankenlosigkeit und Gleichgültigkeit bei den Benutzerinnen Wohlbefinden aufkommen.
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Durch Markus sind wir zur Gsölser Gesellschaft gestoßen. Markus und seine Tennisfreunde pflegen seit vielen Jahren ein sommerliches Trainingslager abzuhalten. Sie hatten Kroatien unsicher gemacht und die noch ungeteilte Tschechoslowakei, bevor es sie in die Südoststeiermark verschlug. Kirchberg an der Raab wird seiner Bezeichnung gerecht, indem es Schloss und Kirche vom Hügelrücken hinunterblicken lässt ins weite Tal seines Namensflusses. In ausladendem Halbkreis zieht die Raab durch die Mittelsteiermark nach Ungarn hinein, wo sie bei Györ (zu Deutsch Raab) in die übermächtige Donau mündet. Hier bei Kirchberg wälzt sie sich träge und dunkel dahin, im Schatten der sie begleitenden Weiden, Erlen und Pappeln. An ihrem rechten Ufer liegt, umschlossen von kriechendem Kren und ragendem Mais, der hier ‘Woaz’ heißt, das altüberkommene Landgut der Familie Gsöls. Wolfgang, der letzte Spross der Generationen hat sich den neuen Zeiten angepasst, dem sanften Tourismus, der mit seinen Fahrradrouten durch die hügelige Südostregion einheimische und urlaubende Radler in Bewegung hält. Wobei der Gsölser Hof mit seiner ansprechenden bodenständigen Küche sich dafür als heimeliges Basislager anbietet. Neben dem Radsport hat sich Wolfgang dem Tennis verschrieben. Eines der Kukuruzfelder musste einer Tennisanlage weichen mit drei Courts, Heimstatt für einen Tennisverein regionalen Zuschnitts, der in der südoststeirischen Liga eine wichtige Rolle spielen sollte, mit Wolfgang als einem der stärksten Spieler, Funktionär, Sponsor und Investor. Es blieb nicht bei den Tennisplätzen im Freien, Wolfgang errichtete eine Tennishalle. Eine provisorische abenteuerliche zuerst, die aber bald durch einen sauberen, stabilen Neubau mit drei Plätzen auf Teppichboden mit Granulat ersetzt wurde. Sauna und Fitnessraum samt FKK-Zone mit Kaltwasserbecken auf der Wiese hinter dem Gastgarten bieten Wellnessluxus. Mit dem alten Gsölser Gasthof ist die Tennishalle durch einen Zubau verbunden, dessen Erdgeschoß einen gemütlichen Frühstücksraum beherbergt und darüber fünf schöne Gästezimmer mit durchlaufendem Balkon davor. Im alten Gebäude sind ebenerdig die große Gaststube und die moderne Küche untergebracht, vor dessen offenem Tor meistens ein schöner schwarzer Kater Wache hält. Oben gibt es ein weiteres Gästezimmer neben dem Privatbereich der Familie Gsöls, der sich auch in den modern ausgebauten Dachbereich erstreckt. Die Küche ist das Reich von Iris, Wolfgangs Frau, bei Bedarf unterstützt von einer Küchenhilfe. Kochen können die steirischen Frauen alle, Iris hat das nicht erst lernen müssen, als sie die Aufgabe von Wolfgangs Mutter übernahm. Seit diese sich aus dem Betrieb zurückgezogen hat, hilft sie nur noch gelegentlich aus in der Küche. Sie wohnt mit ihrem zweiten Mann in einer der niedrigen Baracken, die Wolfgang aus einem der Wirtschaftsgebäude zu einer Wohnung ausgebaut hat. Hübsch schauen sie aus, die weiß getünchten Scheunen mit dem schwarzen Sichtfachwerk. Wie ich Wolfgang kenne, fehlt es der Elternwohnung trotz ihres einfachen Ursprungs nichts an Ausstattung. Der alte Gsöls, Iris’ Schwiegervater wohnt auch auf der Anlage. Er kümmert sich weiterhin um die Krenfabrikation. Ob das Dreiecksverhältnis auf engem Raum je Grund für Spannungen dargestellt hat, bleibt dem Gast verborgen. Wieder so ein Beispiel für den pragmatischen Umgang steirischer Protagonisten mit einem Partnerwechsel. Pscheidls mit umgekehrten Vorzeichen. In einem anderen umgebauten Wirtschaftsgebäude, gleich neben der Krenwasch- und -reibemaschine, wohnt während der schönen Jahreszeit ein Tennistrainer aus dem nahen Ungarn. Der Verein ist beliebt, Spielerinnen und Spieler kommen von nah und fern, sogar aus dem nicht ganz so nahen Graz. Man fühlt sich wohl beim Gsöls.
In einer dieser Nächte mussten wir feststellen, dass wir trockengelaufen sind. Sosehr wir die Flaschen wendeten und wanden, nichts mehr da. Das kann doch nicht sein. Da unten hinter der Schank steht Stoff im Überfluss und wir sitzen da ganz ohne. So traurig durfte der Abend nicht enden, beschloss ich und war schon unterwegs. Markus begleitete mich. Vorsichtig und leise schlichen wir in die Gaststube, die nur von ein paar Kontrollleuchten schummrig beleuchtet war. Etwas unheimlich war mir schon zumute, gut, dass sich herausstellte, wir waren ganz allein. Irgendwie erwischte ich eine Flasche Schnaps. Mit dieser Beute machten wir uns davon. Damit war die Balkonparty um ein paar Stunden verlängert. Da wir keine guten Verbrecher sind, gestanden wir am nächsten Morgen Wolfgang die Untat. Der hatte für die Eskapade nicht viel übrig und verlangte von uns Bezahlung der Ware, wobei er uns, wohl zur Sühne, den Gegenwert der einzelnen Portionen verrechnete. Der Durst ist uns vergangen. Wir haben auf dieses Magazin nie wieder zugegriffen.
Die Wolkendecke öffnet sich zu Fetzen, zeitweise guckt ein dicker Mond hindurch, verschwindet, taucht wieder auf. Sterne nah und hell wie von einer vergessenen Weihnachtsbeleuchtung hängen am Himmel, formen vertraute Figuren. Ein großes Wolkenloch gibt den Blick frei auf zwei bunte Lichter, die eine weitläufige Kurve ziehen und lautlos in Richtung Graz Thalerhof verschwinden. Die weite Asphaltfläche unter unseren Zimmern beginnt schon aufzutrocknen. Der schwarze Kater untersucht dort zurückgebliebene Objekte auf Genießbarkeit, seine Pfoten kämpfen spielerisch mit einem belaubten Ästchen. Markus meint, es sei jetzt Zeit. Frühstück um sieben, danach Tennis in der Halle.
Zu meiner Überraschung wird der Frühstückstermin eingehalten werden. Wirklich werden wir uns gleich danach in der Halle treffen. Unser Tennis wird etwas mitgenommen ausfallen, nur Soile wird einen besonders guten Tag haben.
Mit Soile war das Patriarchat aufgebrochen. Den Sommer darauf meldeten sich etliche Damen zum Gsölser Trainingslager an. Dagmar kam mit ihrem Helmut und Bea, der Golden Retrieverin. Siegi war mit Silvia, Klaus mit Karin und Jutta. Damit war der Gsölserhof überbelegt. Als Zusatzquartier zogen wir die Pension Monschein heran. Der Bauernhof liegt auf einem Hügel jenseits der Raab. Siegi, Silvia, Klaus, Karin und Jutta bezogen dort ihr Nachtquartier. Tagsüber hielten sie sich bei uns am Gsölserhof auf. Ungünstig nur, der Monschein lag nicht in Gehweite. Es war immer ein Shuttle nötig, wenn tagsüber etwas gebraucht wurde, zum Zurechtmachen fürs Abendessen und, besonders ungünstig, zur nächtlichen Heimkehr.
Siegi, der Fünfziger, war selbständiger Installateur, seine Frau schaukelte den Betrieb, der etwas außerhalb von Finkenstein lag. Pech, dass eines Tages ein Großbrand das ganze Anwesen zerstörte. Ein jahrelanger Streit mit der Versicherung folgte. Während dessen arbeitete Siegi vom Faakersee-Hof aus, wo er provisorische Räumlichkeiten eingerichtet hatte. Die etwas abgewohnte Frühstückspension samt Restaurant hatte er einige Zeit davor erworben. Im Winter waren die ausländischen Eishockeystars des Villacher Sport Vereins (VSV) bei ihm einquartiert. Auch um ihr Frühstück und das der Sommergäste musste sich Silvia kümmern. Nebenbei lief ihre Forellenzucht und Räucherei. Das Restaurant hatten sie vermietet an einen Betreiber aus Sardinien, der mit eigenen Händen den Speisesaal tip top eingerichtet hatte und zu gehobenen Preisen sardische Spezialitäten anbot. Man kann sich vorstellen, dass Siegi voll im Stress stand und er seine Gsöls-Urlaube nicht immer alle vier Tage, später fünf, ausschöpfen konnte. Auf dem Tenniscourt war er ein geschickter, umtriebiger Spieler, der uns ausreichend aufzulösen gab. Fand er sich einmal vor einem ungünstigen Spielstand, machte er beim Seitenwechsel sicherlich eine abschätzige Bemerkung. Er machte sie scherzhaft, aber sie mochte doch eine gewisse Verunsicherung des Gegners bewirken. Tja, die Niedertracht.
Jutta hat einen kranken Mann daheim in Landskron, wir haben ihn all die Jahre nie gesehen. Sie war Lehrerin an einer Hauptschule in Villach, später Neue Mittelschule. Das erklärt ihre resolute Art der Kommunikation. Laut und resch, anders sind die Halbwüchsigen nicht zu zähmen. Dazu beeindruckt sie mit ihrem rheinischen Akzent, denn sie stammt aus Bonn. Der Umstand kam Jutta bei einem ihrer anderen Hobbys zugute, denn außer bei einem Kärntner Chor zu singen betätigt sie sich auch als Darstellerin bei einem Laientheater. In der Aufführung, die ich mir einmal gegeben habe, war sie die Einzige mit deutlicher Theaterartikulation. Mir ist deutsche Ausdrucksweise wohl geläufig. Wenn es einmal mehr nach Befehl klingt, als nach heiterem, unverbindlichem, vagem Kärntnerisch, dann stört mich das nicht. Klare Ansagen liegen mir ohnehin besser. Der Mehrzahl der KärntnerInnen geht es dabei aber ganz anders und manchen von Ihnen das Geimpfte auf.
Das Geimpfte ging auch Dagmar auf, wenn sie mit Jutta zu diskutieren begann. Und sie fanden immer etwas, über das man diskutieren konnte. Vielleicht lag es daran, dass Juttas lautes Organ für die gehörschwache Dagmar in allen Details verständlich war. Widerspruch von unsereins konnte Dagmar geflissentlich überhören. Bei Jutta funktionierte das nicht. Ich weiß nicht, wieso die beiden sich immer wieder zusammen platzierten. Brauchten sie den Streit für ihre Egos? Es kann auch nicht sein, dass sie den Zank von gestern vergessen hatten, denn wenn ihnen heute kein neues Thema einfiel, stritten sie weiter über das Gestrige. Das laute Weibergeplänkel passte nicht zur männlichen Gelassenheit von Gsöls. Als wir eines Abends beisammensaßen, Männer unter sich, sinnierte einer von uns, wie schön es doch all die Jahre in Gsöls gewesen wäre ohne Weiber. Keiner widersprach. Man grübelte über mögliche Lösungen nach. Ein eigener Termin sollte gefunden werden nur für die Frauen. Dazu waren ihrer aber zu wenige und sie hätten das auch nicht gewollt. Ich sagte, ist doch ganz einfach. Nächstes Jahr fahren wir wieder ohne Frauen. Urgestein Werner stimmte zu. Wenn nächstens die Frauen wieder mitgefahren wären, ich wäre nicht dabei gewesen. So war es denn besiegelt. Das Paradies gehörte wieder uns Männern allein.
Die Männer hatten ihr Paradies wieder, oder die Kinder in den Männern, denn nun war auch Roger fester Bestandteil der Gsölser. Gebürtiger Arnoldsteiner war in jungen Jahren in die Schweiz ausgewandert. Mit Fleiß und Geschick hatte er sich eine schöne Position in einem Handelsunternehmen erarbeitet und dabei die gemächliche Schwyzer Sprachfärbung angenommen. Odr? Mit seiner jüngeren Frau Sonja lebte er am Südufer des Zürichsees. Ihre zwei Knaben waren inzwischen stramme junge Männer, Roger selbst pensioniert. Rogers Bruder Albert war in Kärnten geblieben und pflegte des Vaters Häuschen auf einem Grundstück in Arnoldstein, das er mit Rogers Hilfe renoviert und ausgebaut hatte. Roger war dazu in den Sommern nach Arnoldstein zurückgekehrt. Sonja konnte nur für wenige Tage mitkommen. Sie wartete noch auf ihre Pensionierung. In der Schweiz war Roger viele Jahre für die Erhaltung der lokalen Tennisanlage verantwortlich. Seinen Schilderungen zufolge lief das wohl auf einem höheren Level ab als bei uns in Arnoldstein, mit hohen Beitritts- und Jahresgebühren, elitär wie ehemals auch in Österreich. Selbstverständlich spielte er auch selbst mit, auch in den Schweizer Meisterschaften, dort Interclub genannt, in der Veteranenklasse. Wenn wir hin und wieder scherzhaft unsere Senioren ‚Veteranen‘ nennen, in der Schweiz ist das die ganz offizielle Bezeichnung für die Alten. Roger ist drei Jahre älter als ich. Rogers Faible für den niederträchtigsten Sport der Welt konnte natürlich auch während seiner Kärntenaufenthalte nicht ungestillt bleiben, sodass unserer Seniorentruppe bald ein echter Veteran angehörte, ein echter Federer also.
Roger entpuppte sich als Witzmaschine. Wenn wir beisammensaßen, brannte er sein Trommelfeuer ab, unablässig und ohne im Fundus graben zu müssen. Er freute sich über unser wieherndes Lachen. Sicherlich ging es nicht ohne Wiederholungen ab. Das tat aber der Lustigkeit keinen Abbruch, denn allein sein Schwyzerdütsch war umwerfend komisch. Zur allseitigen Freude war er bereit, uns nach Gsöls zu begleiten, wodurch wir einen professionellen Alleinunterhalter gewonnen hatten. Abgesehen von seinen kabarettistischen
Talenten schätzten wir an ihm seine freundliche, offene, unprätentiöse und großzügige Art.
Mit der Verstoßung unserer Frauen aus dem Paradies hatte ich meine Begleiterin Soile eingebüßt. Sie konnte vor ihren Tennisfreundinnen nicht gut rechtfertigen, dass sie als einzige Frau mitkam. Das hatte zur Folge, dass ich einen neuen Bettgenossen bekam: Roger. Zum Glück waren die Nächte kurz, denn er schnarchte schwyzerisch.
Schon seit vielen Jahren war es Tradition, dass am letzten Tag Gsöls ein lustiger Wettbewerb abgehalten wurde. Tennisbälle in einen Korb werfen, volle Bierflaschen aus dem Teich tauchen, diese öffnen und ex trinken, auf dem Fußballplatz nebenan Elfer schießen, alles, was Pubertierende veranstalten würden. Roger setzte alles daran, diese Programme auszubauen und freute sich, dass wir ihm die Rolle des Organisators übertrugen. Gleich nach unserer Ankunft in Gsöls musste ich mit ihm einkaufen fahren, um Prämien für die Sieger zu erstehen. Kleine Schnapsflaschen oder ähnliches. Zeitig in der Früh, wenn ich noch schlafen wollte, nein musste!, klapperte er mit den Utensilien und raschelte mit den Aufzeichnungen für den Wettkampf. Ich war mir nicht sicher, ob ich träumte, als ich verschwommen bunte Luftballons und Wäscheklammern über das Bett verstreut wahrnahm. „Wir müssen noch einmal in den Ort hineinfahren, odr. Es fehlen noch die Präservative, odr“, schwyzelte Roger. Beim Wettbewerb füllte er die Präservative mit Wasser. Die Konkurrenten mussten diese Wasserbeutel dann über den Tennisplatz tragen, ohne dabei Wasser zu verschütten. Bei diesem Bewerb stand ich abseits und ließ die anderen lachen.
***
Die Odyssee begann im Herbst 2011. Da war Günter Morolz so weit wie ich jetzt. Allerdings, sein ehrenamtlicher Einsatz an der Vereinsspitze hatte dreiundzwanzig Jahre gedauert. In einer so langen Zeit war er zum selbstverständlichen Inventar des Vereins geworden, dessen unaufdringliche aber entschlossene Führungsrolle niemand hinterfragte, jedermann als unverrückbare Gegebenheit hinnahm. Umso größer war die Verunsicherung im Verein, als sich herumsprach, dass Günter aufhören wollte. Auch Soile und ich waren in Sorge. Nach dem Desaster mit dem Konventgarten waren wir recht froh, eine neue Tennisheimat gefunden zu haben. Sollte auch diese Geborgenheit sich in Nichts auflösen? Manche waren zuversichtlich, Günter würde es sich wieder überlegen. Er aber blieb standfest bis zum Ende der Saison. Das Problem bedurfte einer Lösung.
Wohl gab es mehrere Mitglieder, deren Persönlichkeit für die Obmannschaft infrage kam. Manche von ihnen hätten die Funktion sogar gern übernommen. Doch die gehörten einer der mehreren Strömungen im Verein an und wären von den jeweils anderen nicht akzeptiert worden. Die meisten aber scheuten die Verantwortung, die das Amt mit sich brachte, die zu erwartenden Streitigkeiten und vor allem den vermehrten Zeitaufwand. Kurz, es fand sich keiner.
Im Verein kümmerte Josef sich um die sportlichen Belange des Meisterschaftsbetriebs, stimmte mit den Mannschaftsführern die Aufstellung ab und hielt die Kontakte zu den gegnerischen Vereinen und zum Tennisverband. Eines Spätsommernachmittags traf ich ihn nach einer Partie in der Umkleide. Josef war ein trockener Typ. Direkt heraus und keine Widerrede erwartend. Außergewöhnlich in dieser Kärntner Umgebung, wo die Leute selten etwas rundheraus sagen, ohne es in dickem Brei oder pappigem Humor verundeutlicht zu haben. Josef sprach mich ohne große Umschweife darauf an, ob ich mir vorstellen könnte, Günter als Obmann abzulösen. Ich war äußerst überrascht. Aus zwei Gründen. Einerseits, weil ich noch splitternackt war nach der Dusche und andererseits: Die kannten mich doch kaum, jedenfalls nicht abseits des Sportlichen. Auch ich wusste damals noch nicht viel von dem, was sich hinter den Kulissen im Verein abspielte. Wie auch immer, ich war gefragt worden und sollte wohl antworten. Während ich mich abtrocknete, wandte ich ein, es könne ja nicht sein, dass es unter den vielen langjährigen Mitgliedern keines gebe, das besser für den Job geeignet wäre? Das wies er entschieden zurück. Von denen wolle es keiner machen und die, die wollten, kämen für ihn nicht infrage. Er erklärte es direkt heraus und keine Widerrede erwartend. Ich zog meine Unterhose an und wandte weiters ein, dass ich den Verein und seine Mitglieder viel zu wenig kenne und von den regionalen und fachlichen Gegebenheiten wenig Ahnung habe. Darauf komme es nicht an. Es wären ja er da und andere, die mich nicht im Regen stehen lassen würden und Günter wäre auch bereit, weiter mitzuhelfen. Er sagte es direkt heraus und keine Widerrede erwartend. Heute ist mir klar, dass meine Unkenntnis der Vereinsinterna genau das war, was mich in den Augen Josefs für den Job prädestinierte. Sie brauchten ein Feigenblatt, einen Strohmann, der die Verantwortung zu tragen hatte, mit seinem Privatvermögen haftete. Mein Tennispartner, der sich neben mir anzog, staunte schweigend über die Unterhaltung. Ich kämmte mein Haar und wollte gerade sagen, ich würde es mir überlegen, da hatte er mich schon aufgefordert, überleg es dir. Sag uns bald Bescheid. Er sagte es ohne jedes Lächeln, wie eine Dienstanweisung, nichts erwartend außer Zustimmung. So mag er mit seinen Lastwagenfahrern umgegangen sein.
Nach dem Ankleiden beim Bier auf der Terrasse traf ich auf Schursch, das ist Georg Kreuzer, alteingesessenes Vereinsmitglied, ohne Funktion zwar, doch nicht ohne Gewicht. Über Josefs Frage an mich war er offenbar informiert. Ohne dass ich das Thema angesprochen hätte, riet er mir, es zu machen. Der weißhaarige Mittfünfziger sprach dabei leise und eindringlich. Mit Günter sei er nicht immer einer Meinung gewesen, habe viel mit ihm gestritten, übrigens auch mit Josef, und erst recht diese beiden miteinander, doch sei man zuletzt immer auf einen grünen Zweig gekommen. Er sei sicher, dass ich in der gegenwärtigen Lage der richtige Mann für den Job wäre. Ich solle nur Mut fassen, im Fall des Falles würde er mit Rat und Tat bereitstehen. Obwohl mir das Gemauschel nicht recht gefiel, hatte ich den Eindruck, er meinte es ernst.
Ich muss zugeben, dass ich mich von Josefs Antrag geehrt fühlte. Sie trauten mir also die Vereinsführung zu. Ich war jetzt sechsundsechzig, seit fast drei Jahren in Pension. Nicht, dass mir dabei jemals fad geworden wäre. Mit Soile genoss ich jeden Tag der unglaublichen Freiheit. Das geliebte, niederträchtige Tennis gab uns so viel, da wäre es doch nur fair, ihm etwas zurückzugeben, etwas Verantwortung dafür zu übernehmen.
Soile war skeptisch. Wir sind doch jedes Jahr sechs Wochen in Finnland, die halbe Tennissaison! Ihre Bedenken waren kein eindeutiges Nein, regten mich schon zu ersten Problemlösungen an. Also, ich mach das doch nicht allein, sondern mit einem starken Team. Ich sagte nicht, wenn ich das mach, ich sagte bereits, ich mach das. Das war’s dann.
In den folgenden Besprechungen mit den Vorstandsmitgliedern wurde deutlich, dass im Verein zwei Strömungen um die Vorherrschaft buhlten. Die Morolz und die Koller. Die Morolz-Brüder sind schon vorgestellt. Die Koller sind ebenfalls Brüder, Walter und Roland. Walter ist Kassier, Roland Jugendleiter. Mit Geld hat Walter auch beruflich zu tun, er ist Angestellter bei der Bank Austria in Arnoldstein. Da waren auch die liquiden Mittel des Vereins angelegt. Das war praktisch, weil Walter jederzeit Zugang hatte. Roland, Versicherungsvertreter, konzentrierte sich auf die Nachwuchsarbeit. Sein Traum war die Schaffung einer Tennisakademie innerhalb des Vereins, zusammen mit Walter, nach dem Beispiel Andre Agassis. Der bessere Tennisspieler war Roland, aber er war psychisch anfällig. Nicht selten haben ihn bei einem Meisterschaftsmatch unerwartete körperliche Probleme gepackt, deretwegen er die Partie verlor oder vorzeitig aufgeben musste. Für die Morolz war die Idee mit der Tennisakademie ein Hirngespinst, mit dem die Koller für sich persönlich ein Extraeinkommen schaffen wollten. Die Koller sahen die Chance, mit einem neuen Obmann Oberhand zu gewinnen.
Ein gemeinsamer Wahlvorschlag wurde erarbeitet. Walter sollte Obmannstellvertreter werden, seine Frau Waltraud Trink Kassierin, Robert Jugendleiter bleiben. Die andere Seite bestünde nur noch aus Josef als Sportdirektor. Ich versuchte, das Obmannteam stark zu gestalten, indem ich Peter Stern als Kassierstellvertreter in den Vorstand holte. Peter, wenige Jahre jünger als ich, hatte ich als intelligenten, blitzgescheiten, weitgereisten, weltoffenen, vernünftigen und lieben Menschen unter den Tennissenioren kennengelernt. Dazu stellte ich Soile als Schriftführerin ins Team.
Bei Sichtung der wenigen vorhandenen Vereinsdokumente stellte ich fest, dass die Statuten vor ungefähr fünfzehn Jahren einem geänderten Vereinsgesetz zufolge erneuert hätten werden sollen. Vonseiten der Behörde war das niemandem aufgefallen. Das sollte jetzt, wie vieles, anders werden. Ich hatte vor, die Gesetze strikt einzuhalten.
Der ‘Wanker’ war ein alter Landgasthof an der Straße von Arnoldstein nach Thörl, bekannt für einfache aber gute bodenständige Küche. Im Keller befand sich eine automatische Kegelbahn. Im Obergeschoß Fremdenzimmer. Später, nachdem der Wanker im Zuge des Wirtshaussterbens wegen der chaotischen Politik im Zusammenhang mit den Rauchverboten endgültig zugesperrt und man in den Wald bei der Hohenthurner Industriezone das Puff namens ‘Wellcum’ hineingebaut hat, werden beim Wanker nur noch die Gästezimmer benutzt werden von den Zuhältern und Huren des Wellcums. Der Wanker war offenbar in den Nachkriegsjahren für einen starken Gästezustrom ausgebaut worden und hat damals sicherlich seine besten Tage erlebt, als die Autobahn noch nicht eröffnet war und der ganze Verkehr von und nach Italien hier durchmusste. Im November 2011 gab es beim Wanker bescheidenen Gästezulauf, wegen der Größe des Gastzimmers mochte er geradezu spärlich wirken. Ab und zu wurden größere Veranstaltungen im anschließenden großen Saal abgehalten, wo an primitivem Inventar sicherlich hundertfünfzig Personen Platz finden konnten. Diesen Saal mieteten wir für die Generalversammlung. Niemand im Vorstand hatte eine Ahnung, mit wie vielen Teilnehmern gerechnet werden konnte. Die bisherigen ‚Generalversammlungen’ hatten ja im stillen Kämmerlein stattgefunden, ohne große Ankündigungen. Ich verlangte die ordentliche Verständigung der Mitglieder per Post. Das warf die Frage auf, welche von den Namen auf den alten Listen aufrechten Mitgliedern gehörten. Nach welchen Kriterien war eine Mitgliedschaft zu beurteilen. Jeder meinte etwas anderes. Ich merkte, da würde viel Arbeit auf uns zukommen. Walter stellte nach seinen Vorstellungen eine Liste auf und verschickte etwa achtzig Einladungen.
Gespannt gingen wir am 25. November 2011 zur Generalversammlung. Anscheinend waren keine anderen Wahlvorschläge eingereicht worden, aber man kann ja nie wissen. Kurz nach 19 Uhr waren fünfunddreißig Personen anwesend, die ich alle kannte, darunter Bürgermeister Erich Kessler und sein Vize, Sportreferent Reinhard Antolitsch. Sie dankten mit herzlichen Worten Günter für seine außerordentlichen Leistungen und beabsichtigten wohl auch einen Blick auf den unbekannten Nachfolger. Ihre Blicke waren voller Skepsis. Günter leitete die Sitzung regelkonform. Walter gab Aktiva von zwölftausend Euro bekannt. Kassakontrollor Wilfried Fasching bestätigte, die kurz zuvor vorgenommene Prüfung habe keine Beanstandungen erbracht. Günter kam nun zur Wahl des neuen Vorstands. Es sei nur ein Wahlvorschlag eingelangt. Gegen mich als neuen Obmann erhob sich keine Hand. Somit übernahm ich den Vorsitz. Ich führte aus, es werde angesichts des guten Zustands des Vereins schwierig sein, Günters Vorgaben nahezukommen. Was alles geändert werden müsse, um aus dem Dilettantenhaufen einen Verein zu machen, behielt ich für mich. Über die weiteren Funktionen im Vorstand ließ ich en bloc abstimmen. Alle wurden ohne Gegenstimme bestätigt. Dann gab es noch eine allgemeine Diskussion mit unterschiedlichen Vorschlägen seitens der Mitglieder. Es überraschte mich, wie emotional manche Meinungen vorgetragen wurden. Die Odyssee hatte begonnen.
***
Wenige Wochen nach meiner Wahl, Weihnachten und Silvester ruhig hinter uns, sitzen Soile und ich am Dienstagabend, den 10. Jänner, zuhause beim Fernsehen. Jemand stört am Telefon. Unbekannte Festnetznummer, lokale Vorwahl.
„Sind Sie der Richter Rainer?”
„Ja?”
„Geboren?”
“Na ja, schon.”
„Aha, a Lustiger. Geboren wann?!”
„Na ja, schon lang, eigentlich.”
„Geburtsdatum?!!!”
„Wer will das wissen?”
„Polizei Arnoldstein.”
Ich nenne mein Geburtsdatum.
„Na also. Stimmt. Wir hätten ein paar Fragen wegen dem Vorfall zu Silvester im Turnsaal von der Hauptschul. Sie san der Obmann vom Tennis Club Arnoldstein?”
„Ja.”
„Dann san S’ ja im Bilde.”
Ich habe keine Ahnung, was da vorgefallen sein soll. Silvester war ein Samstag, erinnere ich mich. Auch, dass der Turnsaal in der Wintersaison an den Dienstagabenden von einigen TCA-Mitgliedern zusammen mit anderen Personen zum Fußballspielen benutzt wird.
„Wo warn ma denn zu Silvester?”
Der Lustige hätte gern geantwortet, „Wo Sie waren, weiß ich nicht. Ich...”, aber der Lustige in mir ist momentan verhindert. Wenn im Fernsehen einer so fragt, geht es meistens um Mord. „Wir haben zuhause gefeiert. Meine Frau und ich, allein. Was ist denn passiert?”
„Was passiert ist? Das müssen Sie doch wissen als Obmann.”
„Ich hab keine Ahnung.”
„Schöner Verein, wo der Obmann vierzehn Tag nachher nix waß von der Sauerei. Der Turnsaal und die Nebenräume san durch Vandalismus verwüstet wurn. Die Schul sagt, ihr habts einen Schlüssel. Habn den Sie?”
Gott sei Dank, kein Mord. Aber Sachschaden. Wie hoch wohl? “Soviel ich weiß, hat der TCA mit der Turnsaalbenutzung nichts zu tun, nur, dass einige Mitglieder beim Fußballspielen dabei sind. Schlüssel haben wir jedenfalls keinen.”
„Interessant. Ihr scheints aber im Turnsaalplan der Gemeinde als Turnsaalbenutzer auf. Dienstag 17.30 bis 19 Uhr. Ein Schlüssel ist euch auch übergeben wurn. Der Turnsaal ist net aufgebrochen wurn.”
„Hörn Sie, ich bin Obmann erst seit November. Ich werd mich umgehend schlau machen. Wie hoch ist denn der Schaden?”
„Können S’ Ihnen vurstölln. Denen war draußen zu kalt, da haben s’ halt drinnen gefeiert mit Alkohol und Raketen. Melden S’ Ihnen halt, wenn S’ was wissen. Gute Nacht!”
Einerseits würde ich keinem der mir bekannten TCA-Mitglieder eine derart bescheuerte Tat zutrauen, doch es macht mich stutzig, dass mich keiner darüber informiert. Was in Arnoldstein passiert, macht in wenigen Stunden die Runde. Gleich am nächsten Tag schicke ich ein Mail (11.1.) an den gesamten Vorstand und sämtliche Mitglieder, deren Mailadressen ich habe, darunter auch Günter:
„Während der Weihnachtsfeiertage sind im Turnsaal der Schule in Arnoldstein Vandalismusschäden verursacht worden. Ich bitte um unverzügliche Mitteilung, wer zwischen 20. 12. und gestern im Namen des TC Arnoldstein die Turnsäle der VS und HS Arnoldstein benutzt hat. Ich gehe davon aus, dass von uns niemand einen Schlüssel zu den Turnsälen besitzt. Andernfalls bitte ich auch diesbezüglich um unverzügliche Information. Bis auf weiteres untersage ich allen Mitgliedern des TC Arnoldstein die Benutzung der vorgesehenen Zeiteinheiten in den Turnsälen der Schulen Arnoldstein.
Ich bitte sowohl die früheren Vorstände als auch die gegenwärtigen, sowie jeden, der etwas zu dem Thema zu sagen hat, um unverzügliche telefonische Kontaktaufnahme mit mir.”
Schweigen im Walde.
Weiteres Mail (12.1.) an die Vorstände und Günter:
„Ich habe jetzt nähere Informationen zum Vorfall: Während der Ferien, vermutlich zu Silvester, sind Unbekannte mit einem Schlüssel in den Turnsaal eingedrungen. Dort haben sie mit Turngeräten eine Art Parcours aufgebaut, Schweizerkracher gezündet, das Glas zum Feuermelder eingeschlagen, Teile der Sprossenwand zerbrochen, etc. Hinterlassen haben sie ein Chaos aus Dreck, leeren Alkoholflaschen und Verwüstung im Turnsaal und Nebenräumen. Der Schaden ist zum Glück nicht sehr hoch, der Schuldirektor meint etwa 200 Euro.
Es liegt auf der Hand, dass es für den TCA ein unwägbares Risiko darstellt, zusammen mit einer Anzahl Fremder ständig einen Schlüssel zum Turnsaal zu behalten. Mit etwas Pech könnte das zu untragbaren Haftungen führen, die wir nicht übernehmen können und wollen. Man stelle sich nur vor, die Unbekannten hätten die Schule abgefackelt. Hätte man die Täter nicht gefunden, würden zweifellos alle Schlüsselbesitzer zu ungeteilten Handen für den Schaden haften. Ich habe nicht gewusst, dass wir ständig einen Schlüssel zum Turnsaal besitzen, damit wäre ich auf keinen Fall einverstanden gewesen.
Auch scheint mir, dass eher ein Kreis von Exfußballern den Turnsaal benutzt als der TCA, denn innerhalb des TCA wurde den Mitgliedern diese Möglichkeit bisher nicht öffentlich angeboten. Bei meinem Besuch vor einiger Zeit habe ich ein paar Personen angetroffen, die mit dem TCA überhaupt nichts zu tun haben. Ähnlich dürfte das auch bei den Frauen in der Volksschule sein, denn im TCA haben weder ich noch Soile je etwas von der Turnsaalbenutzung im Winter gehört.
Wenn es also um das Privatvergnügen einiger Fußballer geht oder einiger weniger Damen, dann stellt sich die Frage, warum nicht diese Gruppen die Turnsäle im eigenen Namen benutzen und dazu den TCA vorschieben, der damit das Risiko tragen soll. Der TCA hat davon genau überhaupt nichts, außer dass ihm die Gemeinde die kostenlose Turnsaalnutzung als Subvention anrechnet.
Zur Problemlösung sehe ich zwei Wege:
Entweder der TCA verzichtet auf die Turnsaalbenutzung und die Interessierten beantragen im eigenen Namen bei der Gemeinde die Benutzungserlaubnis.
Oder der TCA fährt in der Benutzung fort, dann allerdings ausnahmslos für TCA-Mitglieder, denen die Möglichkeit der Teilnahme allgemein bekannt gemacht wird. Dann sollte dort aber auch nicht ausschließlich Fußball gespielt werden, sondern ein Training ablaufen, welches einem Tennisspieler zum Fit bleiben im Winter angemessen ist, nach Möglichkeit unter Aufsicht eines Trainers. Jedenfalls hätte ein Verantwortlicher eine Anwesenheitsliste zu führen und beim Verlassen das ordentliche Abschließen des Gebäudes zu überwachen und mit einem Zeugen zu dokumentieren, was auf der Anwesenheitsliste zu vermerken wäre. Auch die Schlüsselhaltung müsste in diesem Fall anders gelöst werden. Das ständige Behalten käme nicht in Frage. Der Schlüssel müsste vor Beginn des Trainings vom Verantwortlichen übernommen und danach wieder abgegeben werden. Die Schule wird sicherlich dazu bereit sein, die Infrastruktur dafür einzurichten (etwa Einwurf in einen versperrten Kasten, o.ä.).
Ich lade euch ein, euch darüber Gedanken zu machen und in einer baldigen Vorstandssitzung zu einer gemeinsamen Entscheidung zu gelangen.
Das Benutzungsverbot kann ich unter der Prämisse aufheben, dass ein Verantwortlicher (Günter? Josef? Gert?) den Schlüssel vor der Benutzung vom Schulwart übernimmt, die Anwesenheitsliste führt, das Zusperren wie oben erwähnt überwacht und dokumentiert und den Schlüssel wieder in der Schule hinterlegt (die genaue Prozedur werde ich noch mit Herrn Millechner vereinbaren).
Von Günter hätte ich noch gern nähere Informationen über das Damenturnen in der VS.”
Schweigen im Walde.
Ich rufe den Hauptschuldirektor an und melde mich an zu einem Gespräch noch am selben Tag. Seltsam, nach so langer Zeit wieder einmal durch ein Gebäude zu gehen, wo eine Menge Kinder sich tummeln, erregt miteinander schreien und lachen, sorglos in den Tag hineintreiben. Der eigenartige Geruch nach Kinderschweiß und Schulmilch. Der Direktor bestätigt, dass wir einen Schlüssel besitzen wie alle Vereine, die den Turnsaal benützen dürfen. Er zeigt mir die Unterschrift für die Übernahme. Sie ist von Günter. Er halte den TCA nicht für verdächtig, sagt er, die Leute sind schon in Ordnung. Verdächtig ist aber jeder, der einen Schlüssel hat. Der Schaden ist zum Glück nicht sehr hoch. Es hat nur anfangs fürchterlich ausgesehen. Die Täter haben aus den Turngeräten einen Parcours gebaut, haben gesoffen, die Flaschen seien überall herumgelegen zwischen Papierschlangen und abgebrannten Krachern und Raketen, jemand hat sich übergeben, kurz der größte Teil des Schadens konnte durch den Putztrupp beseitigt werden. An Sachschaden bleibt eine gebrochene Stange der Sprossenwand, das eingeschlagene Glas eines Feueralarms und eines Spiegels in der Umkleide. Dreihundert Euro vielleicht. Der Schulleiter stimmt mit mir überein, dass die Sache glimpflich verlaufen ist und bei einem höheren Schaden, etwa einem Brand, die Vereine vor einem beträchtlichen Problem gestanden wären. Ich schlage ihm vor, unseren Turnsaalschlüssel zurückzugeben. Der Putztrupp ist um die Zeit ohnedies noch im Haus, sodass wir eigentlich keinen eigenen Schlüssel brauchen. Zu meiner Überraschung erzählt mir der Direktor, dass in der Sache schon vergangene Woche Günter und Josef bei ihm gewesen sind. Günter habe versichert, der Schlüssel sei die ganze Zeit bei ihm zuhause verwahrt gewesen und er habe ihn niemandem überlassen. Er habe auch kein Problem damit, dass die Gepflogenheit bleibt, wie sie ist. In Anbetracht der Haftungsrisiken beharre ich auf die Rückgabe des Schlüssels.
Danach sende ich neuerlich ein Mail (13.1.) an dieselben Empfänger:
„Auf meine früheren Mitteilungen zu diesem Thema habe ich nur von Josef und Peter Reaktionen erfahren. Günter hat es vorgezogen, nicht mich zu kontaktieren, sondern gleich direkt den HS-Direktor. Die beiden haben vereinbart, dass alles beim Alten bleiben soll.
Da hat Günter offenbar eine Kleinigkeit vergessen, nämlich einen Obmannwechsel.
Der berechtigte Vereinssprecher, also meine Wenigkeit, hat seinerseits den HS-Direktor besucht und eine völlig andere Vereinbarung getroffen: Der Turnsaalschlüssel wird an die Schule zurückgegeben.
Zum Behalten des Schlüssels besteht nicht die geringste Notwendigkeit. Bei Beginn der Benutzungszeit um 17,30 Uhr ist das Gebäude offen, es ist Putzpersonal am Werk. Am Ende unserer Benutzungszeit um 19 Uhr kommt der nächste Benutzer, die VHS. Sollte sie nicht kommen, ist zu dieser Zeit das Putzteam immer noch im Haus und es genügt, die Putzfrauen auf das Zusperren hinzuweisen. Es ist also völlig unnötig, dass der TCA mit dem Behalten des Schlüssels so unwägbare Risiken eingeht, wie ich sie in meiner letzten Mitteilung beschrieben habe.
Somit bitte ich Günter höflich, mir den Schlüssel auszuhändigen, damit ich ihn an die Schule retournieren kann.
Diese Entscheidung nehme ich ohne Vorstandsbeschluss auf meine Kappe, weil sie eine Nebensächlichkeit betrifft, die für den Verein keinerlei negative Auswirkungen haben kann, andererseits aber den Verein vor möglichen riesigen Nachteilen bewahren kann.
Es bleiben aber in diesem Zusammenhang noch die weiteren Teile meiner letzten Mitteilung zur Entscheidung offen, nämlich ob in Hinkunft der TCA weiter den Turnsaal benutzen soll, oder eine vom TCA unabhängige Fußballergruppe; und wenn die Benutzung weiterhin durch den TCA erfolgen soll, unter welchen Umständen. Dieses Thema kann in der nächsten Vorstandssitzung erörtert und allenfalls gemeinsam beschlossen werden.”
Endlich am 15.1. reagiert Günter mit diesem Mail:
„Mit Befremden habe ich Deine e-mails vom 12. bzw. 13.01.2012 gelesen und möchte Dir den tatsächlichen Sachvehalt (Deine Annahmen und Unterstellungen können sicher nicht die Folgen exakter Recherchen sein) bekanntgeben.
Wir haben, wie Du Dich selbst vor Ort überzeugt hast, unsere Hallenbenützung Mitte November 2011 aufgenommen. Auf deine Frage vor Ort informierte ich Dich dabei sehr wohl darüber, dass der T.C.A Dienstags von 17:30 bis 19:00 sowohl den Turnsaal der HS Arnoldstein (Herrenturnen) wie auch den Turnsaal der VS Arnoldstein (Damenturnen) von der Gemeinde Arnoldstein zur Benützung überlassen bekamen. Diese Turnsaalbenützung wird in einer eigenen Sitzung bereits im September bzw. Oktober eines jeden Jahres festgelegt und nach Befragung durch einige Mitglieder wurde unsere Benützung bei der vorgenannten Sitzung seitens der Gemeinde und Schuldirektionen genehmigt. Die Benützung der Turnhallen erfolgt mittlerweile seit über 20 Jahren (entschuldige bitte, dass ich keinen genauen Termin nennen kann, denn die Erstbenützung der Turnhallen passierte bereits vor meiner Zeit als Funktionär und noch zu Zeiten, als der Tennisclub noch dem Werkssportverein angehörte).
Ich habe in den letzten Jahren sehr wohl immer wieder unsere Mitglieder aufgefordert, an diesen Trainingsstunden teilzunehmen und es wurde in der Vergangenheit sehr wohl geturnt, aber auch Volleyball und Fußball gespielt. Über das genaue Trainingsprogramm bestimmen jedoch einzig und allein die teilnehmenden Personen. Zukünftige Regelungen sind mir prinzipiell egal.
Daher ist Deine Annahme, dass die Halle in der HS A nur einigen fußballspielden Exfußballern zusteht eine Unterstellung Deinerseits, die ich so sicher nicht gelten lassen werde, denn ich z. B. habe zwar vor 20 Jahren aktiv Fußball gespielt, seit dieser Zeit nicht mehr, jedoch das eine oder andere mal Tennis. Zu Deiner Feststellung, dass sich zum Zeitpunkt Deines Besuchs Personen in der Halle befunden hätten, die mit dem TCA überhaupt nichts zu tun hätten, muss ich Dir entgegnen, dass es sich dabei um maximal 2 Personen gehandelt hat und diese ausnahmweise daran teilnahmen.
Solltes Du meinen Ausführungen nicht glauben wollen, so erkundige Dich bei einigen Personen über die Richtigkeit meiner Angaben, denn auch Stern Peter sen. oder jun. haben schon an unseren dienstäglichen Treffs in der Vergangenheit teilgenommen.
Bei den Damen habe ich die Halle ebenfalls wieder für die heurige Wintersaison beansprucht und zugesagt bekommen, da bei einer Rückgabe der Stunden diese Termine sicherlich sofort von anderen Vereinen beansprucht werden und diese dann für unseren Verein sicher nie mehr zur Verfügung stehen werden. Für das Damenturnen ist Frau Tschuitz Elisabeth (tagsüber unter 04255/2240 BMG Arnoldstein) erreichbar. Den genauen Personenkreis, der an diesem Turntag mitmacht, müsstest Du bei Frau Tschuitz hinterfragen. Frau Tschuitz E. ist die Lebensgefährtin von Herrn Smoliner Kurt und solltest Du diese nicht erreichen, wird Dir Kurt sicherlich weiterhelfen.
Und nun zum Kernpunkt meiner Stellungnahme - Der Vandalenakt in der HS Arnoldstein in den Weihnachtsferien.
Dass ich nicht Dich kontaktierte sondern direkt den Direktor der HS Arnoldstein Herrn Mag. Millechner Walter ist einfach lächerlich und damit zu erklären, dass Du es nicht der Mühe wert fandest, mich gleich direkt anzurufen, denn dann hätte ich Dir mitteilen können, dass ich am 03.01.2012 von Herrn Dir. Millechner angerufen wurde und dieser mir von besagtem Vandalenakt Mitteilung machte. Hr. Millechner fragte mich auch, ob ich jemanden unseren Schlüssel des Turnsaales gegeben hätte. Nach erfolgter Kontrolle meinerseits konnte ich Herrn Millechner versichern, dass ich den Hallenschlüssel bei mir zu Hause eingeschlossen vorfand und diesen bis zur ersten Benützung im heurigen Jahr am 10.01.2012 niemanden ausgehändigt habe.
Aus dieser den Tatsachen entsprechenden Sachverhaltsdarstellung meinerseits (sie ist jederzeit bei Herrn Dir. Millechner Walter abzufragen) kannst Du ersehen, dass ich nicht an halluzinogenen Disharmonien leide und nicht wüsste, dass ich seit November 2011 nicht mehr dem Vorstand angehöre.
Den Schlüssel für den Turnsaal der Hauptschule haben ich Josef gegeben. Auch meine Schlüssel für das Clubhaus sowie die Türe zu den Tennisplätzen haben ich Josef ausgehändigt und damit hoffe ich, dem Vorstand des T.C.A in dessen Angelegenheiten nicht mehr zur Verfügung stehen zu müssen.
Weiters bitte ich Dich, mich aus Deinem e-mail-Verteiler rauszunehmen, da ich mich über die letzten e-mails nicht sonderlich gefreut habe und sollte ich weitere e-mails erhalten, werde ich diese für mich sperren, da ich mein Verhältnis zum T.C.A nicht unbedingt verschlechtern will und die letzten e-mails haben nicht unbedingt zu einer guten Stimmung bei mir beigetragen."
Na toll. Seit ich den Haufen übernommen habe, ist auf dem Tennisplatz noch kein Ball geflogen und schon ist der langjährig verdiente Altobmann so sauer, dass er keinen Finger mehr rühren wird für den Verein. Genauso sauer sind etliche Fußballer unter den Mitgliedern. Josef ist auch sauer. Sooft und sosehr er mit seinem Bruder im Clinch liegen mag, gegen Angriffe von Dritten verteidigt er ihn mit Zähnen und Klauen. Gratuliere, Herr Neo-Obmann, ausgezeichnete Krisenintervention. Natürlich hätte ich Günter einfach anrufen können, aber - aufgefordert - ebenso gut er mich. Die wollten das unter sich ausmachen, dazu brauchten sie mich nicht.
Wer das Silvestergelage im Turnsaal der Hauptschule Arnoldstein zu verantworten hat, wird nie aufgeklärt. Unsere Leute sind es nicht gewesen. Es gibt einen Verdacht, aber es fehlen Beweise. Am 15.2. findet der Vorfall seinen Abschluss in einer Vorstandssitzung. Aus dem Protokoll:
„Der Vorfall mit dem Turnsaal der Hauptschule wird erörtert. Mehrere Vereine wie auch der TCA benützen den Turnsaal im Winter und halten auch Schlüssel dazu. Während der Weihnachtsferien ist jemand widerrechtlich im Turnsaal gewesen und hat Schäden angerichtet. Eine Anzeige wurde an die Polizei gerichtet. Rainer Richter wurde am 10.1. spät abends telefonisch von der Polizei kontaktiert. Da ihm niemand über den Vorfall berichtet hatte, obwohl Günter Morolz bereits am 3.1. davon wusste, war er völlig überrascht. Die Polizei machte keine näheren Angaben, was genau passiert war. Daher war es Rainer nicht möglich, ad hoc die Tragweite des Vorfalls einzuschätzen und er gab ein Mail an alle Mail verwendenden Mitglieder hinaus, wonach bis zur Klärung des Vorfalls die weitere Benutzung unserer Turnzeiten untersagt wurde und die Mitglieder aufgefordert wurden, ihr allfälliges Wissen über den Vorfall an Rainer zu melden (Anl. 3). Gemeldet hat sich niemand, auch nicht Günter, aber durch Recherchen bei der Polizei, der Gemeinde und dem Schuldirektor ist bald klargeworden, dass von den Tätern keine großen Schäden verursacht wurden. Dennoch gibt der Anlass zu denken, denn was wäre gewesen, wenn die Täter einen großen Schaden verursacht hätten. Dann hätte es leicht zu einer (Mit-)haftung des TCA kommen können, jedenfalls aber zur äußerst unangenehmen und möglicherweise kostspieligen Notwendigkeit, sich gegen Haftungsforderungen zur Wehr setzen zu müssen. Rainer gab daher ein weiteres Mail heraus, diesmal nur an die Vorstandsmitglieder,in denen die Bedingungen für die weitere Benutzung des Turnsaals durch den TCA genannt wurden (Rückgabe des Schlüssels an die Schule, Führen eines Journals über die Übungsteilnehmer, etc.), (Anl. 4) . Weiterhin reagierte niemand auf die Aussendung, aber anlässlich weiterer Kontakte mit Direktor Millechner kam hervor, dass sowohl Günter als auch Josef mit ihm entgegen der Weisung des Obmanns vereinbart haben, dass alles so weiter gehen solle wie zuvor. (Mail Obmann an Vorstand Anlage 5). Es folgte dann ein Gespräch zwischen Rainer und Josef, in dem Rainer mitgeteilt wurde, dass Günter stocksauer auf ihn sei und auf jede weitere Mitwirkung im Verein verzichten werde. Danach hat Direktor Millechner bekannt gegeben, dass angeblich der Gemeindeschulverband die Benutzung des Turnsaals nur erlaubt, wenn die Vereine die Schlüssel behalten. Die Rückgabe ist daher derzeit obsolet und es wird effektiv genauso wie vorher verfahren. Der Schulgemeindeverband hat uns aufgefordert, eine Stellungnahme zu dem Vorfall abzugeben und einen Verantwortlichen zu benennen, der den Schlüssel hält und für die ordentliche Abwicklung der Benutzung garantiert. Rainer hat die Stellungnahme eingereicht. Weiters hat die Gemeinde alle betroffenen Vereine zu einer Sitzung geladen, die am 8.2. stattgefunden hat. Rainer und Josef haben teilgenommen. Vizebgm. Zussner berichtete, dass ursprünglich der Schulgemeindeverband allen Vereinen die weitere Benutzung des Turnsaals vorläufig verbieten wollte. Ein Vereinsvertreter regte an, ein Logbuch über die jeweils anwesenden Übenden und allfällige Vorkommnisse (vorgefundene Beschädigungen) zu führen. Das zeigt, dass die von Rainer vorgegebenen Maßnahmen der vorerst unklaren Lage durchaus angemessen waren.
Im Interesse voller Objektivität liegt diesem Protokoll auch die Stellungnahme von Günter Morolz vom 15.1.2012 bei (Anl. 6).
Der Vorstand stimmt darin überein, dass in der kommenden Wintersaison die Turnsäle in der Haupt- und Volksschule, die dem TCA zur Verfügung stehen, von den interessierten Mitgliedern für diverses Training verwendet werden sollen (Fußball, Gymnastik, Kindertraining und wofür sonst noch bei den Mitgliedern Interesse besteht). Gegen Ende der Sommersaison soll durch Umfrage bei den Mitgliedern deren Interessen festgestellt werden und allenfalls ein Nutzungsplan für die Turnsaalstunden erstellt werden.”
Auf diese Weise wird sich herausstellen, dass drei Gruppen Interesse an der winterlichen Turnsaalbenutzung haben werden, neben den Fußballern auch Frauen und Kinder. Die Damengruppe von Frau Tschuitz hat mit dem TCA nicht das Geringste zu tun. Ihr müssen wir die weitere Benutzung nicht gewähren. Zur Verfügung haben wir also die Turnsäle in der Hauptschule und in der Volksschule. Wir entwerfen einen Plan, der sicherstellt, dass jede Gruppe gleich viele Stunden üben kann.
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Ihrer Aufgabe gemäß zeichnete Soile die Vorgänge bei der Generalversammlung und bei den folgenden Vorstandssitzungen händisch auf. Die Ausarbeitung über PC übernahm ich selbst. Die erste größere Aufgabe, die sich mir stellte, war dringend: Die Erstellung neuer Statuten, die gesetzeskonform sein mussten, aber auch so gestaltet, dass sie für die Erfordernisse des Vereins möglichst praktikabel sind. Das neue Statut musste in einer Generalversammlung von den Mitgliedern beschlossen werden. Diese beriefen wir im März 2012 ein, diesmal zum Gasthof Wallner, das beste Haus in Arnoldstein. Das Wirtshaus befindet sich direkt an der Hauptstraße Richtung Süden. Die junge Wirtin ist auf dem besten Weg, den etwas in die Jahre gekommenen Gasthof eine feine Bleibe für Durch- und Dienstreisende zu verwandeln mit behaglichen Zimmern, heimeliger Gaststube und gutem Essen. Dabei ist ihr der Konkurrenzgasthof Aichholzer im Weg gewesen, der dummerweise gleich daneben angesiedelt war und so dicht am Wallner stand, dass man meinen hätte können, die beiden Höfe gehörten zusammen.
Zum Aichholzer hatten Soile und ich, noch in unserer berufsaktiven Zeit, einmal die ganze Polizia Stradale von Udine eingeladen. Die Truppe hatte sich blendend unterhalten. Als ich zur Toilette ging, sah ich den alten Aichholzer vor der Küche stehen. Obwohl er sich an den Türstock lehnte, schwankte er dabei ziemlich hin und her. Die Asche an seiner Zigarette war drei Zentimeter lang, wollte aber nicht hinunterfallen. Später, beim Genuss der Palatschinken, stellte ich fest, dass sie stark versalzen waren. Aichholzer hatte wohl in den falschen Behälter gegriffen. Ich hoffte, dass es nur Salz war und nicht auch Asche. Den Polizisten fiel das nicht mehr besonders auf. Sie schwankten jetzt schon ihrerseits. Als wir alle frohgelaunt das Lokal verließen, bemerkte ich, dass vor dem Kreisverkehr am Ortsende eine Verkehrskontrolle aktiv war. Ich wollte die Udineser noch warnen, aber die hatten schon ihre Motoren angeworfen und verschwanden winkend Richtung Italien. Ich sah, wie die Polizisten einen der italienischen Wagen anhielten. Wenn diese Kontrolle unangenehme Konsequenzen haben würde, dann goodbye meiner Sonderstellung bei der Polizia Stradale. Offenbar konnten die italienischen Beamten ihre österreichischen Kollegen überzeugen, dass sie nichts außer Kracherl getrunken hatten und die Kontrolle blieb folgenlos für die Udineser und für mich.
Zu Wallners Glück beschloss Aichholzer einige Zeit später, in Pension zu gehen. Sein Gasthaus stand zur Übernahme. Wallner zögerte nicht lange und schlug zu. Damit schaltete er die benachbarte Konkurrenz aus und verdoppelte seine eigene Kapazität. Zusammen mit dem nun hübsch renovierten Aichholzer-Gebäude war es jetzt ein schlagkräftiger Betrieb, der mit einiger Berechtigung seine Klassifikation als Gasthof ablegte und fortan als Hotel firmierte. Für die Generalversammlung hatten wir einen kleineren Raum angemietet. Wir rechneten mit keinem großen Interesse an der Statutenänderung und sollten damit richtigliegen. Ich präsentierte die neuen Satzungen. Es gab keine Einwände. Sie wurden wie vorgeschlagen bestätigt.
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Gleich in den ersten hundert Tagen versuchte ich, der Verwaltung ein professionelleres Gesicht zu geben. Das Schwierigste war, bei den Vorstandssitzungen eine wenigstens einigermaßen überschaubare Gesprächskultur zu schaffen. Das Durcheinander war verwirrend. Es ist auch nicht wirklich gelungen, die Leute redeten emotional und wild durcheinander. Dann blieb ich stumm, bis sie selber bemerkten, dass sie so nicht weiterkamen. Für ein paar Minuten klappte es dann wieder und wir konnten zu Ergebnissen gelangen. Ich vermied es, Weisungen zu geben, kleidete meine Vorstellungen in Vorschläge. Die diskutierten wir und stimmten danach demokratisch ab. Meistens befand ich mich in der Minderheit. Der Meinungsbildungsprozess und die Beschlüsse wurden protokolliert. Jedes Vorstandsmitglied und wer vom Thema betroffen war erhielt eine Ausfertigung. Die Protokolle veröffentlichten wir auf unserer Internetseite, die ich selbst zusammengebastelt hatte und mit Unterstützung seitens Peter Stern betreute. Mein Wunsch nach größtmöglicher Transparenz der Vereinsführung mündete im Vorschlag, die Vorstandssitzungen bis auf angezeigte Ausnahmen öffentlich abzuhalten. Damit scheiterte ich fulminant. Transparenz brächte nichts als Unruhe in die Mitgliedschaft, war die vorherrschende Meinung. Immer wieder drängten sich mir Parallelen auf zwischen den Standpunkten der Vorstandskollegen und den Realitäten in der Politik.
Ein weiteres Thema, das ich nicht durchbrachte, war die Schaffung eines modernen Reservierungssystems. Eine Platzzeit reservieren konnte man telefonisch nur, wenn die Kantine besetzt war. Andernfalls half nichts, als zur Anlage zu kommen und sich auf dem Papierplan einzutragen. Vorsintflutlich. Und schwierig für die von weiter her Anreisenden. Damals waren Firmen im Kommen, die den Vereinen fertige Systeme zur Benutzung anboten. Die Mitglieder erhielten Zugang mittels Passwort, stellten freie Stunden fest und trugen die gewünschte Zeit elektronisch ein. Praktisch. Dazu verhinderte das System unbestechlich das beliebte Umgehen der Reservierungsregeln. Heute ist diese Art der Reservierung in vielen Vereinen gang und gäbe. Damals waren Viele noch nicht technikaffin, besaßen weder PC noch Handy. Für die musste das alte System weiter funktionieren. Beide Systeme nebeneinander zu betreiben würde aber unvermeidlich zu Doppelbuchungen führen. Eine Lösungsmöglichkeit wäre gewesen, einen Monitor in die Küche hinter das Glasfenster zur Veranda zu stellen und eine Funktastatur vor dasselbe Fenster. Dann konnte jemand, der persönlich auftauchte, den Reservierungsvorgang von der Tastatur aus vornehmen. Es lässt sich nicht leugnen, dass auch damit so Mancher überfordert sein würde. Dazu waren auch unter den Vorständen Technikverweigerer. Josef beispielsweise wehrte sich mit Händen und Füßen, darüber auch nur zu diskutieren. Als Speditionsdisponent hatte er zwar täglich mit der neuen Technik zu tun, aber er weigerte sich, dieses Teufelszeug im Privatleben anzuwenden.
Die absolute Kontrolle des Vizeobmanns und seiner Frau, die Kassierin, über das gesamte Vereinsvermögen war mir ein Dorn im Auge. Nicht dass ich Walter und Waltraud misstraute, aber allein die Möglichkeit eines Missbrauchs gehörte unterbunden. Wir transferierten das Vereinskonto zur Raiffeisenbank, die den örtlichen Sportvereinen keine Kontoführungsspesen verrechnete, und statteten die wichtigen Funktionäre mit einem begrenzten Pouvoir aus. Bei Überschreitung war das Vieraugenprinzip verbindlich.
Ich brachte den Gedanken an die Erstellung eines Budgets für die Vereinsfinanzen ins Spiel. Das bisherige Hantieren von der Hand in den Mund war unübersichtlich und planlos. Dabei erinnerte ich mich daran, wie mein Vater Mama und Mamma für dasselbe bei der Führung des Friseurladens kritisiert hatte. Waltraud versprach, ein Konzept auszuarbeiten, aber es kam keines. Also setzte ich mich hin und bastelte selber daran. Es fiel mir nicht leicht, weil ich Buchhaltung nicht gelernt hatte, aber mit viel Herumprobieren, gelang es mir endlich. Im Vorstand erarbeiteten wir die Ziffern, die für Ausgaben und Einnahmen zu erwarten waren. Für die vorgesehenen Ausgaben gewährten wir den einzelnen Ressorts das entsprechende Pouvoir gegen spätere Rechtfertigung. Damit brauchten wir uns nicht mehr mit jeder einzelnen Ausgabe herumschlagen. Die Ressortleiter konnten sich freier und aufgewertet fühlen.
Mit dem Energieversorger und der Gemeinde verhandelte ich den möglichen Anschluss des Clubhauses an die Fernwärme. Die Stromkosten stellten einen der größeren Posten unserer Ausgaben dar und entfielen überwiegend auf die Warmwasseraufbereitung für das Duschwasser. Vor Jahren, als die Fernwärme eingeführt wurde, wäre der Anschluss an die Rohrleitung, die wenige Meter neben dem Gebäude verlief, kostenlos gewesen. Jetzt verlangte man dafür einen empfindlichen Betrag. Dazu wären die Kosten für den Umbau gekommen. Kurz, da in der kalten Jahreszeit kein Bedarf bestand, stellte sich das Projekt als unwirtschaftlich heraus.
Dies und viele andere Kleinigkeiten hielten mich auf Trab. Es war ein Vollzeitjob. Das alles aber wurde überschattet von einem Supergau.
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Nach dem Abgang von Poldi und Inge ist das dringlichste Problem die Kantine. Jemand muss ab Beginn der Saison für die Bewirtung sorgen. Das ist nicht so einfach. Der Verein ist als gemeinnützig angelegt, um ihn von betriebswirtschaftlichen Fesseln freizuhalten. Um das weiterhin zu gewährleisten, darf die Kantine nicht gewinnbringend sein. Wer aber will schon ein halbes Jahr täglich viele Stunden Wirt sein für Gottes Lohn. Innerhalb des Vereins besteht dafür derzeit kein Interesse. Also muss extern jemand gefunden werden. Nach meinem Konzept soll die Betreiberin die von ihr persönlich eingekaufte Ware mit einem geringen Aufschlag verkaufen, der nicht mehr als eine vertretbare Aufwandsentschädigung rechtfertigt. Doch Aufwand gibt es im Prinzip keinen, weil alle Fixkosten vom Verein getragen werden. Ich plakatiere in allen Gasthäusern und Cafés von Arnoldstein, in den Supermärkten und kleineren Geschäften. Hie und da meldet sich jemand wie eine Gastwirtin, die ihr Lokal zusperren musste oder ein Pensionistenpaar, dem zuhause fad ist, schlussendlich aber springen sie alle wieder ab. Einzig und allein eine junge Frau, die vor Kurzem aus Deutschland zurückgekehrt ist, wo sie Gastro gearbeitet hat, derzeit arbeitslos, Ist bereit, die Bedingungen zu akzeptieren. Carola hat eine zwölfjährige Tochter und einen neuen Freund, von diesem einen zweijährigen Sohn. Ihr Freund würde sich für die ebenfalls vakante Stelle als Platzwart interessieren. Ihm würden wir monatlich einen geringfügigen Betrag bezahlen können, gleichfalls als Aufwandsentschädigung für Fahrgeld, Arbeitskleidung und dergleichen. Kurz vor Saisonbeginn engagiere ich die beiden.
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Seit vielen Jahren begibt sich eine Gesellschaft, bestehend aus Mitgliedern des TCA, kurz vor Beginn der Freiluftsaison um den ersten Mai herum nach Mali Lošinj auf Trainingslager. Soile und ich sind auch mit. Eine Woche in begnadeter adriatischer Landschaft die milde Luft in sich hineinsaugen, die alles in sich vereint, Meer und Pinien und Frühling, das hat schon was, nach dem langen Winter unter Dach. In der terrassenförmig ansteigenden Bucht von Veli Žal Tennis spielen oder zuschauen, unter dem Schatten der Pinien oder von der Terrasse des Tennisstüberls. Fabelhaft. Dass wir in einem Riesenkasten von Hotel wohnen, dem Aurora, unweit der Tennisplätze, ist der Wermutstropfen für Leute wie mich und Soile, die solche Touristenkisten nicht mögen.
Georg Kreuzer, Schursch, organisiert die Hotelbuchung für die mehr oder weniger dreißig Personen, von denen einige nicht Tennis spielten, aber Aktive begleiteten oder einfach nur Urlaub machten. Gert Emberger teilt die Spiele ein. Er ist Hohenthurner wie wir. Großer, schlanker Endvierziger, sehr guter Spieler. Seine Frau, Ingeborg, gehört zur Elite der Damen und war auch meistens dabei in Mali. Wir haben den Center Court und zwei benachbarte Plätze zu unserer Verfügung. Darüber hinaus gibt es in die Hänge der Bucht hinauf noch sieben weitere Tennisplätze. Dem Plan zufolge spielt jeder Teilnehmer zwei Einheiten von eineinhalb Stunden täglich, Einzel oder Doppel, Vormittag und Nachmittag. Ein Halbtag bleibt zur freien Verfügung. Da ergibt sich aber meistens auch ein Einsatz, sei es als Ersatz für Ausfälle oder aus spontaner Spiellust. Drei Stunden täglich klingt nicht viel, aber kontinuierlich für eine Woche, da werden die vielen steilen Stiegen über die Uferhänge schwer und schwerer. In der ‘Freizeit’, wenn man nicht den anderen zuschaut, spaziert man auf gepflegten Gehwegen die Ufer entlang, wo die Gischt über glatte und zerfressene Felsen spritzt. Ein Ziegenbock, von einem Bauern mit einem Strick an eine Pinie gebunden, wartet phlegmatisch darauf, wieder abgeholt zu werden. Oder man schlendert zur Altstadt hinunter, wo es an dem kleinen Hafen immer etwas zu sehen gibt. Das Wetter ist meistens freundlich, aber noch kühl. Für Tennis ideal. Im Schnitt gibt es einen Regentag in der Woche oder einen halben. Nach dem Regen bemüht sich ein zwergenhafter Arbeiter mit unglaublicher Verve, die Plätze aufzutrocknen, damit der Spielbetrieb weitergehen kann. Manche Unverzagte wagen sich ins Wasser. Es ist aber um diese Zeit noch ziemlich frisch.
Die Anreise erfolgt mit einigen privaten PKW. Man trifft sich in der Früh auf der Anlage in Arnoldstein und fährt im Konvoi durch Slowenien oder über Triest nach Brestova und mit der Aurofähre das kurze Stück hinüber nach Porozina, von dort die ganze Insel Cres hinunter und über die Drehbrücke bei Osor hinüber nach Lošinj . Auch diese Insel muss zum Großteil durchmessen werden, bevor man Mali Lošinj erreicht. Die Straßen auf Cres und Lošinj sind schmal und in Abschnitten kurvig und steil. Gleich nach der Ausschiffung kommt lebhafter Gegenverkehr, auch Busse sind dabei. Es sind diejenigen, die die Fähre in Richtung Festland erreichen möchten. In Sorge, zu spät zu kommen, fahren sie hastig. Danach gibt es kaum noch Verkehr. Die frisch Angekommenen sind alle in südlicher Richtung unterwegs. Damit rechnen einige Glücksritter und überholen. Wagemutige, die ihre Ungeduld nicht zügeln können. An mir, dem Abgeklärten, fahren sie vorbei. Früher habe ich mich unserer Kolonne angehängt. Günter, Josef, Gert, sie fahren alle scharf. Später ließ ich sie bolzen, folgte gemächlich. Wozu der Stress! Soile war es immer noch zu schnell.
Hoch über dem Meer sind die Ausblicke gleichermaßen atemberaubend wie furchterregend. Olivenhaine und Steine, Steine, Steine. Selten eine kleine Ortschaft mit ruralen Gebäuden im altitalienischen Stil. Nach mehreren Kilometern stoßen wir wieder auf unsere Kolonne. An einem der höchsten Punkte der Insel, wo die Straße nach Beli abzweigt, bietet sich eine betörend schöne Aussicht auf den Archipel, Krk, Rab, die Festlandküste dahinter geben dem blauen Meer eine vage Grenze. Ruhig ziehen Adler ihre Kreise im lebhaften Wind. Das ist traditionell der Platz für die Jausenpause unserer Horde. Georg holt die Bundeslade aus dem Gepäckraum. Eine Styroporkiste, die es in sich hat: Sasaka, Bergwurst, Speck, Käse, Pfefferoni, Gewürzgurkerl, alles kiloweise. Die Teilnehmer waren angehalten, jeder ein Kilo Brot mitzubringen vom Selitsch in Arnoldstein. Messer säbeln Brot, streichen Sasaka, schneiden Speck. Was für ein krasser Kontrast zur mediterranen Schönheit der Stelle. Die erste nahrhafte Pause dieser Woche. Sechs weitere werden folgen jeden Mittag am Tennisstüberl. Jonathan freut sich schon darauf. Das ist einer der großen Möwenvögel, die über den Tennisplätzen segeln. Jonathan setzt sich auf das Dach des Stüberls und wartet auf die Bissen Sasakabrot, die ihm hingeworfen werden. Damit werden wir aufhören nach dem Hinweis von Franco, dem äußerst freundlichen Tenniswart, es sei nicht gesund für Jonathan. Wir haben Halbpension. Die Hauptmahlzeit wird am Abend in der wirklich extrem riesigen Speisehalle des Aurora eingenommen. Für die Lücke zwischen dem Tennis-Feierabend und dem Abendessen wird die Bundeslade nochmals geöffnet und Ožujsko fließt in Strömen. Francos Biernachbestellungen feiern Rekorde, bevor und während die Gruppe ‘Krajcar’ aufkreuzt.
Im Vordergrund Peter Stern sen. und Josef Morolz,
dahinter links: Gernot Müller, Heliodor Vido, Gert Emberger, Sepp Nessmann, Günter Morolz, Leo Pöschl,
rechts: Christoph Kreuzer, Gerhard Vido, Heinz Sattler,
am Tischende: Rainer Richter
Für die Gruppe ‘Krajcar’ ist in einer Zone der Speisehalle reserviert. Ein unstetes Speisen ist das. Immer sind mehrere Tischnachbarn unterwegs, sich um das Essen von dem Fünfundzwanzig-Meter-Buffet anzustellen und von den zahlreichen Salat-, Brot- und Beilageninseln zu holen. Es gibt alles, was das Herz begehrt und in der Phantasie der Küchenchefs Platz findet. Mehrere Arten Fisch sind immer dabei. Die Qualität der Speisen kann leider nicht Schritt halten mit der unerschöpflichen Auswahl. Vieles schmeckt abgestanden und aufgewärmt. Ab und zu habe ich aber auch wirklich Köstliches erwischt. Man holt sich Gang um Gang. (Jetzt weiß ich, wieso man das ‘Gang’ nennt.) Jeder Teller ist zu reichlich beladen und insgesamt sind es viel zu viele. Wie sich das ergeben hat, kann ich nicht mehr sagen, jedenfalls steuere ich bei jedem Gang meinen Platz mit dem Umweg an Schursch vorbei an, halte meinen überfrachteten Teller tief, damit er die Ladung begutachten kann, und setze meinen Weg nicht fort, bevor Schursch die Ration genehmigt. Das Hotel ist schon gut besucht um diese Jahreszeit. Die Fresshalle ist weithin voll. Ein paar Häuptlinge in schwarzem Anzug und Krawatte überwachen reservatweise die Indianer, die im Smoking sich um die Getränkebestellungen kümmern und die Squaws im weißen Küchenoutfit, die benutztes Geschirr zugedeckt mit großen Planen auf großen Wagen abtransportieren. Beseitigung der Leichen. Zum Schluss das Eis von der Eistheke lasse ich meistens weg.
Wenn das Abräumen überhandnimmt, wird es ungemütlich in der Fresshalle. Dann bewegt sich der harte Kern unserer Truppe einen Stock höher, wo an die Lobby die Bar angrenzt. Hier wird weiter gebechert, hauptsächlich Bier. Wenn es eine Fußballübertragung gibt, sitzen die meisten vor dem Fernseher. An einem Abend hält ein Musikunterhalter oder eine Unterhalterin oder auch ein Duo, seine oder ihre Künste feil, an einem anderen Abend eine Barpianistin. Sie ist eine hübsche Dame, klein und rundlich, ganz in Schwarz. Sie spielt leichte Klassik bis dezente Populärmusik, alles in sehr ansprechender Weise und freut sich über unseren Beifall. Ebenfalls ganz in schwarz ist die Hauptattraktion der Abende an der Bar: Helga. Ich sehe die schwarze Schönheit auf einer der Gästebänke ausgestreckt schlafen. Ich sehe auch, wie sie sich auf den Knien eines Gastes räkelt und seine Liebkosungen genießt. Kinder laufen ihr nach. Da verschwindet sie durch das Schiebeportal der Lobby ins Dunkel der Nacht. Den nächsten Abend suche ich nur Helga. Wird sie wiederkommen? Ich möchte sie auch an mich drücken, mit ihr schmusen. Wird sie es erlauben? Wird Soile es erlauben? Sie ist nicht da. Ich ertränke meine Enttäuschung in Grappa. Soile stupst mich an. Mein Gott, da kommt Helga. Stolzen Schrittes stakt sie durch die Lobby. Bella Mora, darf ich Sie in den Arm nehmen? Sie straft mich mit Verachtung. Da greife ich zu. Sie schnurrt. Helga ist die Hotelkatze. Ich erzähle ihr von unserer Katzenfamilie, die in Hohenthurn zurückgeblieben ist. Sobald sie genug hat vom Schmusen, springt sie entschlossen auf und entschwindet in die mediterrane Abendluft.
Schursch, der mir einst geraten hatte, Josefs Angebot anzunehmen, er ist von einem der Trainingslager in Mali Lošinj nicht zurückgekehrt. Der Cheforganisator der Gruppe Krajcar erlitt einen Herzinfarkt beim Beisl am Spielfeldrand. Gerhard Vido hat sich sofort um Schursch gekümmert und ihn bis zum Eintreffen der Rettung am Leben erhalten. Man hat Schursch ins Krankenhaus nach Rijeka gebracht. Wenige Tage später ist Schursch Krajcar dort verstorben.
Bei der Einrichtung unserer Website widme ich einen Eintrag dem Trainingslager des TCA in Mali Lošinj. Durch die einladende Gestaltung soll er den Mitgliedern Appetit zur Teilnahme machen. Kurz darauf rüffelt Josef mich an. Mali Lošinj habe nichts mit dem TCA zu tun. Es sei eine Privatveranstaltung, die Günter ins Leben gerufen habe.
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Carolas Freund Ralf ist ein Stachanowist. In meinem ganzen Leben habe ich noch keinen Arbeiter gesehen, der mit solcher Hingabe und Ausdauer schleppt, schaufelt, gräbt, mäht, Unkraut jätet wie Ralf. Das geringe Einkommen scheint ihm egal. Die Aufgabe selbst ist ihm so wichtig, dass er seine ganze Kraft hineinlegt. Dazu vertritt er Carola in der Kantine, wenn sie abwesend ist. Ihre Leistung hingegen lässt einiges zu wünschen übrig. Schmutz in der Küche, Schmutz auf der Terrasse. Der Tennissand ist schon niederträchtig und nicht alle Spieler achten auf ihre Schuhe nach dem Spiel. Dagegen hilft nur eins, putzen. Aber da ist Carola nicht die Penibelste. Zudem ist ihr kleiner Sohn verhaltensauffällig. Die meiste Zeit schreit er wie am Spieß und will sich nicht beruhigen lassen. Carolas Beruhigungsversuche lenken sie von der Bewirtung der Gäste ab. Viele Spieler fühlen sich in der Konzentration gestört. Was soll man machen? Das Angebot an Kantinenwirtinnen ist nicht üppig. Ralf wiegt alles auf mit seiner Arbeitswut. Es zeigt sich, dass Ralf von Eifersucht geplagt ist. Dann nächtigt er manchmal im Clubhaus.
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Die Zusammenarbeit mit den Vorstandsmitgliedern wird zunehmend frustrierender. Die unterschiedlichen Denkweisen wollen nicht zusammenfinden. Walter und Roland sehen nur ihren Nebenverdienst als Jugendtrainer. Was sie machen, geht auf Kosten der anderen Bereiche. Josef, der fünfzigjährige, großgewachsene, blauäugige, sehnige Kärntner IT-Verweigerer, der von seiner Meinung so überzeugt ist, dass er keine gelten lassen will, die auch nur geringfügig von der eigenen abweicht. Waltraud seine bedingungslose Unterstützerin, gefangen in den Grenzen ihres Tellerrandes. Weiter als diese alle sieht nur Peter, dessen Konzilianz jedoch niemanden vergraulen will und der sich daher nur allzu leicht fügt. Die Debatten sind von unangenehmer Schärfe. Die meisten Abstimmungen Niederlagen. Das Bohren harter Bretter. Immerhin kann ich mit Peter eine Allianz schließen. Während unserer sechswöchigen Abwesenheit wegen der Finnlandreise bleiben wir per E-Mail in Kontakt. Er hält mich unterrichtet, was sich beim TCA tut.
Und es tut sich einiges. Das Gedränge auf unseren Plätzen wird immer dichter. Meisterschaft, Training, Damenmannschaften, Hobbyspieler und Senioren. Dazu intensivieren Robert und Walter das Kindertraining und beabsichtigen, es jetzt auch auf die Abendstunden nach 16 Uhr auszudehnen. Klar, Walter hat in der Regel nachmittags Dienst in der Bank und kann sich nur gelegentlich fürs Tennis freinehmen. Der Spielplan zeigt bald keine leeren Stellen mehr auf. Schon hört man die ersten Beschwerden. Mit meinem guten Freund Markus Ohler, der Sektionsleiter Tennis in Thörl ist, schließe ich eine Vereinbarung. Wir kaufen zwei Abos von Thörl und können dafür bei Platzmangel in Gailitz dorthin ausweichen. Das wird zum Teil angenommen, doch würden die meisten lieber in Gailitz bleiben wegen der längeren Anfahrt und weil in Gailitz unser Stüberl gemütlicher ist. Ohne die vielen Bekannten in Gailitz bleibt das Ausweichen nach Thörl eine trockene Sache. Wir verweigern Robert und Walter die Zustimmung fürs Kindertraining nach 16 Uhr. Die beiden sind sauer. Nach Thörl können sie auch nicht ausweichen, weil die Kinder dorthin gebracht werden müssten. Die Jugendtrainer reservieren Übungsstunden entgegen den Weisungen nach 16 Uhr. Wir streichen diese Reservierungen aus dem Spielplan. Ärger bei Roland und Walter und bei den Eltern der Kinder. Überfallsartig erscheinen eines Tages Roland und Walter bei mir zu Hause. Sie fordern die Zusage für die ihnen genehme Lösung, für die sie im Vorstand keine Mehrheit haben. Selbstverständlich lehne ich das ab. Sie drohen, den Verein zu verlassen und die Kinder mitzunehmen. Klingt nicht sehr plausibel. Dann müssten die Kinder erst recht irgendwohin anreisen. Ein paar Tage darauf zeigt mir das Handy den Anruf einer unbekannten Nummer an. Es meldet sich Erich Kessler, der Bürgermeister. Ob ich zufällig kurz Zeit hätte, im Gemeindeamt vorbeizuschauen. Roland und Walter seien bei ihm. Es gäbe etwas zu besprechen.
Kessler ist seit acht Jahren Bürgermeister. Ich habe ihn früher schon kennengelernt, zuerst beim TC Konventgarten, dann sporadisch bei den Vereinsturnieren des TCA. Sporadisch, weil ich als einfaches Mitglied noch nichts mit ihm zu tun hatte. Kessler ließ es sich aber nicht nehmen, bei seinem Erscheinen allen Anwesenden die Hand zu drücken. Genau so eng und nicht enger ist unsere Bekanntschaft. Die anderen TCA-ler kennt er alle sehr gut. Mit vielen von ihnen hat er einst bei der berühmten Fußballtruppe mitgekämpft. Die anderen sind ihm durch sein Amt bekannt. Mit fast allen ist er per Du und ‚Erich‘. Hingegen mich als Zugereisten und eigentlich Ortsfremden weiß er noch nicht so recht einzuschätzen. Kessler gibt sich überhaupt nicht wie ein Bürgermeister, sondern wie der ganz gewöhnliche Mensch von nebenan. Was er nach aufmerksamem Zuhören zu sagen hat, kommt langsam, überlegt und fein dosiert.
Ich finde Kessler in seiner Amtsstube zusammen mit Robert und Walter. Er sagt, es sei nicht seine Art, sich in die inneren Angelegenheiten der Vereine einzumischen, da er aber beim TCA auch Ehrenpräsident sei, halte er es für angezeigt, das Gespräch, um das ihn Roland und Walter gebeten haben, nicht zu verweigern. Ich sei sicherlich im Bilde, worum es gehe. So erfreulich das gute Abschneiden der Mannschaften in der Meisterschaft auch sei, das Wichtigste für einen Sportverein sei die Nachwuchsarbeit. Die Jugendarbeit des TCA sei dank der Tätigkeit der Kindertrainer äußerst erfreulich und er würde es schade finden, wenn sich das änderte.
Dem kann ich nur zustimmen. Allerdings dürfe man die anderen Flügel des Vereins darüber nicht vernachlässigen, zumal es die Erwachsenen sind, die ihn finanzieren. Wenn diese nur noch eingeschränkte Möglichkeiten zur Sportausübung fänden, würden sie abwandern und damit die Grundlage für die Jugendarbeit gefährden.
Von Robert und Walter ist Walter der Redefreudigere. Während Robert nur geringschätzig grinst und den Kopf schüttelt, ereifert Walter sich zu einem Redeschwall. Bezeichnenderweise richtet sich seine Wut nicht so sehr gegen mich, als gegen Josef, der in diesem Punkt ganz meiner Meinung ist. Warum ich nicht den Mumm aufbringe, Josef von der Notwendigkeit des Vorranges des Jugendtrainings vor den Hobbysportlern zu überzeugen, fordert er mich heraus. Es entsteht eine kleine Pause. Dann sage ich mit fester Stimme in die Stille hinein: „Weil er recht hat.”
Kessler hat inzwischen über meine vorigen Ausführungen nachgedacht und dürfte sie nicht für ganz abwegig halten. Mit einigen Mahnungen, das Vereinswohl über Einzelinteressen zu stellen und das gute Einvernehmen im Verein zu wahren, entlässt er uns alle.
Robert und Walter hatten ihre Honorare direkt von den Eltern bezogen und waren dabei nicht zimperlich gewesen. Durch erboste Anrufe von Erwachsenen wegen des plötzlichen Ausfalls bereits bezahlter Trainingseinheiten kommt zutage, dass Robert auch Erwachsene ins ‚Kindertraining’ eingebaut hatte, die somit widerrechtlich keine Platzbenutzungsgebühren bezahlt hatten. Wir stellen das Kindertraining jetzt den Eltern direkt als Verein zur Verfügung und zu einem günstigeren Preis, was uns sogar noch weiteren Zulauf beschert. Wegen des Naheverhältnisses zu Walter legen wir Waltraud nahe, ihre Funktion als Kassierin zur Verfügung zu stellen. Sie wehrt sich eine Weile, sieht aber letztlich ein, dass ihre Tätigkeit gegen die Widerstände im Vorstand keinen Sinn hat, und zieht sich ebenfalls zurück. Das Kapitel ‚Tennisakademie Koller’ ist damit vom Tisch, die Dynastie Koller Geschichte.
Die vakanten Funktionen neu zu besetzen, würde üblicherweise einer Generalversammlung bedürfen. Da ich in den neuen Statuten vorgesorgt habe, erübrigt sich das. Der Passus ‚Kooptierungen‘ erlaubt uns, die Ersatzleute frei zu bestimmen. Das ist nicht etwa undemokratisch. Sollte jemand dagegen sein, hat er die Möglichkeit die Einberufung einer Generalversammlung zu verlangen. Josefs damalige Freundin Marianne, gute Tennisspielerin, ist eine freundliche und umgängliche Kärntnerin um die vierzig, erfahren in der Gebarung kleinerer Firmen. Ihr vertrauen wir die Kassierinnenstelle an. Koller ist ein stark verbreiteter Name in der Gegend. Roland Koller, nicht verwandt mit den Koller-Brüdern, übernimmt die Jugendagenden. Ein bodenständiger, humorvoller Typ, Vierziger auch er, der bei den Kindern und den Eltern sehr gut ankommt. Das Markenzeichen seines Koller-Stammes sind große, fast basedowsche blaue Augen. Seine Brüder muss er deshalb nicht erst vorstellen. Bleibt noch mein Stellvertreter. Verschiedene Vorschläge kommen, aber ich bestehe auf Peter Stern, wobei ich ihn selbst auch noch überzeugen muss. Mit diesem neuen Team habe ich erstmals ein gutes Gefühl bei der Arbeit.
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Schursch hat es nicht leicht. Er ist ein braver Tennissenior, ein netter Opa für die acht- bis zwölfjährigen Kids. Das Wichtigste ist, die Kleinen haben Spaß an der Bewegung, findet er. Um ausgefeilte Technik, die bei ihm nicht so sehr zu Hause ist, können sich später Profis kümmern, wenn man bemerkt, dass Talente ernsthaft weiterkommen wollen. Mit dieser Einstellung kommt er aber mit Herbert Dlaska über Kreuz. Von seinem Küchenfenster aus oder von der Mansarde hinunter hat Herbert das Geschehen auf der Anlage im Blick. Herbert, Diplomingenieur, Doktor der Montanistik, hat Tennis studiert. Seit jungen Jahren, als er für die Herren Direktoren Bälle geklaubt hatte, war er an dem komplizierten Bewegungsablauf interessiert, mit dem man schnelle und präzise Bälle zustande bringen konnte. Seine Studien waren so erfolgreich, dass er nach einiger Zeit von den durchaus tüchtigen Direktoren nicht nur als Ballklauber, sondern auch als Partner akzeptiert wurde, wenn gerade Not am Mann war. Als Herbert begann, sie zu schlagen, verringerten sich seine Einsätze wieder. Herbert ließ sich nicht entmutigen. Mit Hingabe forschte er weiter. Zuerst in der Tennisfachliteratur, später durch Beobachtung der Stars im Fernsehen. Er fand heraus, dass es nicht nur eine Technik gab, sondern viele verschiedene. Die jeweils zuletzt aktuelle faszinierte ihn am meisten. Alle früheren verwarf er. Er erwähnte sie nicht mehr. Es hat sie nie gegeben. Dazu kam ein unstillbarer Drang, seine Kenntnisse weiterzugeben. Er konnte nicht anders, er musste jedem Amateur, der ihm über den Weg lief, erklären, wie es wirklich ging. Und sie waren alle Amateure. War doch ganz einfach. Zum besseren Verständnis zeigte er die Bewegungen vor, auch ohne Schläger, wenn gerade keiner zur Hand war. Schattentennis. Man sah Herbert nie neben einem Gesprächspartner gerade stehen. Sein gebückter Körper führte die richtige Drehung vor, seine Schultern die beste Haltung, sein Arm die optimale Beugung, sein Handgelenk den jeweils idealen Winkel zum Griff, der fiktive Schläger den perfekten Weg dem imaginären Ball entgegen bis zum goldenen Treffpunkt. Und erst der Aufschlag! So sah man Herbert auf der Anlage nie anders als sich immer wieder beugend, windend, streckend, rotierend, explodierend, ein ums andere Mal.
Herbert beschaffte sich über das Internet die Utensilien zur Errichtung von Trainingsanlagen, die angeblich dem Anwender die richtige Technik wie von selbst einimpfen. Er baute sie in seinem Garten unter der Föhre neben dem dritten Platz auf. Nicht nur für die Tennistechnik war Herbert Experte, auch für den Aufbau der Tennisplätze. Er war beim Bau des allerersten Platzes dabei so wie bei allen späteren Instandsetzungen und weiß genau, wie der Untergrund beschaffen ist. Für die Tragschicht haben sie damals Schlacke verwendet, die in dieser Eisenbahngegend in Fülle und günstig zu haben war. Dieses Fundament hat sich im Lauf der Jahrzehnte als unverwüstlich und äußerst wasserdurchlässig erwiesen. Unsere Plätze sind nach Regenperioden immer sehr rasch wieder trocken. Allerdings haben sich im Lauf der Jahre Unebenheiten in den Deckschichten gebildet. Dort stehen nach Regen für längere Zeit große Pfützen. Die Instandsetzungsarbeiten im Frühjahr haben sich immer nur auf das absolut Notwendige beschränkt, zu groß ist die Ungeduld gewesen, nach dem langen Winter endlich wieder im Freien spielen zu können. Für tieferschürfende Reparaturen reichte die Geduld der Freiwilligen nicht aus. Herbert bemerkte, dass ich für die von ihm propagierte gründlichere Instandsetzung aufgeschlossen war. Er zeigte mir Fotos von den Pfützen, die er im Herbst aufgenommen hatte, und schlug mir vor, zunächst einmal einen der Plätze an der Grundlinie aufzugraben, um festzustellen, inwieweit eine Reparatur des Fundaments erforderlich war. Das Graben gehörte zu Herberts Leidenschaften wie die Tennistechnik. Wie ein Junger schuftete er bei allen schweren Arbeiten auf seinem Grund. Jetzt eben auch auf der Tennisanlage. Ich war der Einzige, der Herbert dabei zur Hand ging. Die Anderen vermuteten, wir zwei wären übergeschnappt, als wir an der Grundlinie fast einen Meter hinunter gruben, bis wir unter der Schlacke auf grobes Geröll stießen. Die zwei Alten schaufeln sich da ihre Privatgruft, war ihr Kommentar. Herbert schaffte Kunststoffplanen herbei, auf die wir den feinen Sand der Tennenschicht und den gröberen der dynamischen Schicht getrennt lagerten. Das Material wollte er nicht etwa in den bereitstehenden Container entsorgen, sondern am Ende wiederverwenden, nachdem es ordentlich gesiebt wurde. Wirtschaftlichkeit war seine alemannische Devise. Die Schlackeschicht hatte sich im Lauf der Zeit mit wasserundurchlässigem Material vermischt. Dieses entfernten wir. Danach lag die Schlackeschicht wieder da wie einst, parat, alles Wasser von oben bereitwillig durchzulassen. Herbert dokumentierte alles mit der Kamera. War doch nicht so schlimm, meinte er. Wenn wir das nach und nach auf allen Plätzen machen, haben wir in ein paar Jahren die ganze Anlage saniert. Die Freiwilligentruppe konnten wir nicht überzeugen. Sie machten die Frühjahrsinstandsetzung so wie es immer gemacht hatten. Mochten die Pfützen auch stehen, unsere Plätze waren doch immer die ersten in der ganzen Region, die wieder bespielbar waren. Sie kauften eine Pfützenaufsaugwalze. Die brauchte man oft, aber die Plackerei, den Einzelfall betrachtet, war geringer als beim Graben.
Zum Glück hatte er Stefanie, seine steirische Frau. Die Tennisanlage vor der Haustür nutzten sie jede Gelegenheit zum Üben miteinander. Stefanie spielte so ausgezeichnet wie sie kochte. Kein Wunder bei all dem exklusiven Training mit dem ihr ganz zu eigenen Professor. Soile und ich verloren jedes Mixed gegen die beiden. Mit zunehmendem Alter (da war er schon an die achtzig) ließ Herberts Überlegenheit nach und unsere Resultate wurden knapper. Stefanie alterte nicht. Es war ihr zu danken, dass wir weiterhin verloren. Trotzdem hatte sie Herberts emotionale Rügen zu ertragen, wenn ihr einmal etwas nicht so gelang, wie Herbert es sich vorgestellt hatte. Uns war es peinlich. Obwohl, sein Tadel war liebevoll im Vergleich mit jenem anderen Paar, das wir früher in Pöckau manchmal als Gegner hatten. Der Mann beschimpfte vom ersten bis zum letzten Schlag seine Ehefrau auf höchst beleidigende Weise. Sie tat uns aufrichtig leid. Trotzdem spielte sie wieder und wieder mit ihrem Mann. Als wir sein unverzeihliches Verhalten zur Sprache brachten, erklärte sie zu unserem Erstaunen, es machte ihr nichts aus. Sie wäre es nicht anders gewohnt und schließlich hätte er doch Recht.
Ab und zu saßen wir mit Herbert und Stefanie in ihrem gutbürgerlichen Speisezimmer beim Kaffee. Das Mobiliar angehaucht vom Allgäu (Herbert hatte alemannische Wurzeln), Stefanies Kuchen und Schlagobers dufteten nach Mürztal. Wenn Herbert nicht gerade vom korrekten Winkel zwischen Ober- und Unterarm dozierte, wälzten wir Pläne, die mit Tennis gar nichts zu tun hatten. Herbert übte Gitarre und Querflöte, Stefanie Violine. Wie beim Tennis war er bemüht, die Techniken zu verinnerlichen. Ich schlug vor, zuhause Rossinis Katzenduett auf dem Klavier zu üben, damit wir es eines Tages zusammen aufführen könnten. Das Vorhaben haben wir nie verwirklicht. Ob Herbert und Stefanie mitschuldig waren, kann ich nicht sagen. Die Hauptschuld traf jedenfalls mich.
Und jetzt schaut Herbert aus dem Küchenfenster und sieht, wie Schursch seinen Kids völlig verfehlte Bewegungsabläufe vormacht. Das ist ja nicht auszuhalten! Herbert stürmt hinaus zu Schursch und weist ihn zurecht. So muss das ausschauen, und er zeigt die richtige Technik vor. Die Kids versuchen, es Herbert nachzumachen. Funktioniert natürlich nicht. Wahrscheinlich hat der Onkel Schursch doch die besseren Anweisungen?
Schursch ist ziemlich angefressen. Er hätte gute Lust, das Ganze hinzuschmeißen. Soll doch der Dlaska das Kindertraining machen. Doch Schursch wird auch oben im Stüberl gebraucht. Carolas Seele will getröstet werden. Und da kommt schon der Nächste angerannt und schreit! Es ist Ralf, dem Schurschs Nähe zu Carola schon seit Längerem auf die Nerven geht. Ralf ist außer sich. Er schreit nicht auf Schursch ein, sondern auf Carola. Seine Vorwürfe beziehen sich nicht auf Schurschs Herumschwänzeln um Carola, sondern auf Carolas Verhalten Rosa gegenüber. Er meint den Esel und schlägt den Sack. Wütend lässt er alle Werkzeuge auf dem Platz liegen, eine Granate schlägt ein, das war nur die zufliegende Tür, und weg ist Ralf.
Wenig später ist Rosa nicht mehr auf der Anlage zu sehen. Das Jugendamt hat Ernst gemacht. Rosa ist jetzt in einem Heim. Noch mehr Veranlassung für Schursch, Carola mit praktischen Tipps und seelischem Zuspruch zu unterstützen. Noch mehr Veranlassung für Ralfs Eifersucht. Seltsame Freunde tauchen auf der Anlage auf. Bedrohlich aussehende Gestalten. Sie sitzen mit Ralf unter der Föhre und trinken Bier. Eines schönen Sommerabends verwendet Ralf den vereinseigenen Gasgriller in seiner Freundesrunde. Auf der Terrasse befinden sich außer Carola und Schursch nur noch wenige Mitglieder, sind im Begriff, die Anlage zu verlassen. In immer kürzeren Abständen kommt Ralf zur Kantine, um neues Bier zu holen. Schursch erinnert Ralf, den Griller zu reinigen und in der Garage zu verstauen. Ralf steht unter tausend Volt, sagt aber nichts. Mit den vollen Bierflaschen begibt er sich zum improvisierten Grillplatz. Mit seinen Freunden zerlegen sie den Griller. Ihre Handgriffe sind dabei nicht mehr sicher. Eine Bierflasche zerschellt auf dem Boden. Die Freunde finden das lustig und werfen die restlichen Flaschen heftig zu Boden, der danach mit Scherben übersät ist. Schursch eilt herbei und stellt die Randalierer zur Rede. Jetzt reicht es Ralf. Er bedroht Schursch mit einer zerbrochenen Flasche. „Mach Meter, du Oasch, sunst bliatst!“ In Anbetracht der Übermacht zieht Schursch langsam ab. Zu langsam für Ralf, der ihm folgt und zu höherem Tempo auffordert. Auf der Terrasse angelangt, brüllt Ralf Schursch und die Mitglieder an. Die reden ihm zu, sich zu mäßigen, aber das regt Ralf nur noch mehr auf. Mit einer Armbewegung räumt er auf den Tischen noch stehende Gläser ab. Jetzt ist auch der Terrassenboden voller Glasscherben. Die Situation ist bedrohlich genug. Einer der Anwesenden greift zu seinem Handy und ruft die Polizei.
Ich war bei dem Vorfall nicht anwesend. Schursch hat mir Tags darauf alles berichtet. Andere anwesende Mitglieder haben das Geschehen im Wesentlichen bestätigt. Mir ist klar, dass hier nichts mehr zu reparieren ist. Ralf muss weg, so leid es mir tut um seine Arbeitskraft, aber auch um seinen zerplatzten Traum. Dieser Job hatte ihm ungewohnte Freude und diese ihm neue Kraft gegeben. Ich wäre geneigt gewesen, statt Ralf Carola abzuservieren. Aber der war nichts vorzuwerfen. Und die Kinder? Ich fahre ins Rosental, finde seine Adresse, es ist ein niedriges, verfallendes Häuschen einsam neben der Landstraße. Keine Spur von Ralf. Ich hinterlasse das vorsorglich mitgebrachte Entlassungsschreiben an der maroden Haustür.
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Arnoldsteins Lage am Treffpunkt der Staatsgrenzen mit Italien und Slowenien legte es nahe und tatsächlich gehörte es seit vielen Jahren zur Vereinstradition: das jährliche internationale Tennistreffen, das Drei-Länder-Turnier. Es fand abwechselnd in Tarvisio oder im Raum Kranjska Gora oder eben bei uns in Gailitz statt. Es ging um einen Wanderpokal, der in den Besitz des Vereins überging, wenn er das Turnier dreimal hintereinander gewinnen konnte. Der Wettbewerb wurde an einem Tag ausgetragen. Ziel war es, möglichst viele SpielerInnen jeder Nation gegeneinander kämpfen zu lassen. Daher mussten die Spiele kurzgehalten werden. Ein Tiebreak bis 10 pro Begegnung musste genügen. Die Siege wurden zusammengezählt, das Land mit den meisten Erfolgen war Turniersieger. Die meisten Siege in den vielen Jahren gingen wohl an Arnoldstein. Es war der Verein mit dem größten Spielerreservoir und den stärksten SpielerInnen, die in allen Alterskategorien regelmäßig an Meisterschaften teilnahmen. Der Tennisbetrieb in Tarvisio war dagegen viel dilettantischer. Auf zwei mäßig gepflegten Plätzen trafen sich einige HobbyspielerInnen, die meisten sporadisch. Das Clubhaus war eine verfallende Holzhütte, die nicht mehr als zwei SpielerInnen gleichzeitig Platz zum Umkleiden bot. Von der Vereinsführung lernte ich zwei sympathische Senioren kennen, die selber spielten und die Plätze instand hielten, alles organisierten, nicht zuletzt den Einkauf für das Grillfest am Ende des Turniers. Die Italiener litten meistens an akutem SpielerInnenmangel. So mussten die Einzelnen eben mehr Einsätze im Turnier bestreiten. Trotzdem gewann auch Tarvisio das Turnier mehrmals, vielleicht weil in Arnoldstein gleichzeitig Kirchtag war, ein Magnet für viele unserer SpielerInnen. Oder weil es den Tarvisianern gelungen war, ein paar Asse aus Restitalien einfliegen zu lassen. Dieselbe Problemlösung wandten die Slowenen an. Der Organisator, ein kranker alter Mann aus Rateče, hatte wohl früher einem kleinen Verein angehört, den es aber nicht mehr gab, und so organisierte er die Turniere in verschiedenen Orten der Region. Der schönste Platz lag außerhalb von Mojstrana. Nach einer wildromantischen Zufahrt durch eine enge Schlucht öffnete sich eine weite Hochebene, an deren Rand die Tennisanlage lag. Das schöne Waldhaus neben den Plätzen diente wohl allgemein Ausflüglern zur Einkehr. Der alte Tennisfreak hatte wohl eine Reihe von Konkurrenten, die gerne an seiner statt organisiert hätten, aber der Alte wollte nicht abtreten. Immerhin dürfte er gute Kontakte zu vielen Vereinen in ganz Slowenien gehabt haben, denn es gelang ihm immer wieder, eine ausreichende Anzahl von Spielern für das Turnier aufzutreiben, manchmal auch sehr gute. Dann gewann Slowenien.
Für mein erstes Auftreten als Obmann beim Turnier in Tarvisio hatte ich mir eine Rede zurechtgelegt. Wie man weiß, hasse ich, Reden halten zu müssen. An diese aber erinnere ich mich nicht ungern. Ich werde wohl der einzige Redner aus Arnoldstein gewesen sein, der seine Ansprache in italienischer Sprache gehalten hat. Selbstverständlich benutzte ich einen Spickzettel mit Stichworten. Dafür entschuldigte ich mich gleich zu Beginn mit der Ausrede: „Il testo è nuovo, la testa vecchia.“ (Der Text ist neu, der Kopf alt.) Eine Italienerin auf einer der Heurigenbänke rief laut: „Spiritoso!“ (Witzig!). Es war das schönste Kompliment, das ich jemals hinsichtlich meines Italienisch erhalten habe.
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Das alles geht mir durch den Kopf, während der Ansprache des Bürgermeisters. Es war eine lebhafte Zeit beim Tennis Club Arnoldstein, meistens zum Haare raufen. Poldi ist nach den Ansprachen wieder verschwunden. Wenn Freibier und Grillkotelett ihn nicht halten konnten, ja nicht einmal mein Abgang, muss sein Frust schon tief sitzen. Auf der Anlage haben wir ihn seither nicht mehr gesehen, nur hin und wieder auf dem Fußweg vorbeihuschen. Meine Erleichterung, die heiße Kartoffel weitergereicht zu haben, ist gewaltig. Im Spätherbst, auf der jährlichen Saisonabschlussgala beim Wallner erfolgt die offizielle Übergabe. Peter, bin ich überzeugt, wird es mit seiner verbindlichen Art leichter haben als ich. In der darauffolgenden Nacht ist das Clubhaus halb abgebrannt. Unbekannte haben das Materiallager unter der Terrasse aufgebrochen und Feuer gelegt.
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