worin vorkommen: das Gailufer, Taivalkoski, Kuusamo, die Windische Höh, das Gailtal, die Drau, Arnoldstein, das 'Montone', sowie Grrradschzvirrrfluvupiivurrrpissi!
Sanna, Esa und die dreijährigen Zwillinge Julianna und Waltteri zu Besuch in Hohenthurn. Sie wundern sich über die fremde Sprache, in der alle mit Rainer reden. Sie probieren es selbst und brabbeln irgendwelche Laute daher, wie sie ihnen gerade einfallen. Ihre erste Fremdsprache.
Waltteri: „Grrradschzvirrrfluvupiivurrrpissi!“
Sanna: „Kai!“
Rainer: „Pim!“
Esa: „Kai!“
Rainer: „Pim!“
Die Zwillinge schweigen einen Augenblick, etwas erstaunt, dann erkennen sie, dass da ein Widerspruch stattfindet. Dann sagen sie gleichzeitig „Kai!“
Rainer: „Kai!“
Die Großen lachen.
Diese Antwort haben die beiden nicht erwartet. Wieder ein Moment des Staunens. Dann beide gleichzeitig: „Pim!“
Rainer: „Kai!“
Die Zwillinge und
Rainer abwechselnd Pim und Kai.
Schließlich Julianna: „Kai!“
Rainer: „Kai!“
Waltteri, nachdrücklich: „Pim!“
Rainer, ebenso betont: „Kai!“
Pim – Kai – Pim – Kai.
Julianna, mit äußerster Bestimmtheit: „Pim!“
Rainer, gleichmütig: „Pim!“
Alle durcheinander: Pim, Kai, Pim, Pim, Kai, Pim, Kai, Kai, Kai, Pim, Pim!
Das ist das allseits beliebte Debattierspiel, besonders geeignet für längere Autofahrten.
Waltteri: ”Poschrrratzkuviisirrrkaschtsurrrkaka!”
Zwei Jahre zuvor sind die beiden noch im Kinderwagen. Sie schlafen, während wir sie über Stock und Stein durch den dunklen Wald rollen, der bis zum Moos am Gailufer reicht. Hinab geht das wie von selbst, aber zurück steil bergan, das wird anstrengend. Julianna erwacht. Sie ist Wald gewohnt. Zierliche Birken mit zarten Zweigen. Doch in diesem hier ist alles schief, steil und gruselig. Diese bemoosten Stämme zu umarmen würden die vier Arme zweier Männer erfordern und sie tragen ein Dach so dicht, dass kein Himmel durchscheint. Julianna fürchtet sich. Sie plärrt los und lässt sich nicht beruhigen, nicht einmal von Esa, der sie auf die Arme nimmt. Selbst zurück im Haus nimmt ihre Verzweiflung kein Ende. Esa weiß Rat. Er tut, was er auch daheim oft macht, um die Kinder einzuschläfern. Er setzt Julianna ins Auto und fährt mit ihr eine große Runde. Das hilft immer.
Auch Kirsi und Vesa haben Nachwuchs. Eetu heißt das Kleine. Wir besuchen sie in Taivalkoski, das ist schon hübsch nördlich in Finnland. Es ist Winter. Ein Meter Schnee und minus zwanzig Grad. Ein Spaziergang durch die finnische Landschaft wird vorzeitig abgebrochen. Eetu schläft im Kinderwagen, aber nicht etwa im Haus, nein draußen auf der Terrasse! Bestens verpackt zwar, aber im Freien. Man hat viel mehr Ruhe. Es genügt, alle halben Stunden einmal kurz nachzusehen.
Ein anderes Mal kommen wir nach Taivalkoski, als gerade der Umzug der Familie nach Kuusamo fällig ist. Sie machen das mit Personenwagen, dem eigenen, dem eines Freundes und unserem. Zufällig sind immer wir dabei, wenn irgendjemand umzieht in Finnland. Die Jungen fahren mehrmals, während wir im Haus die nächsten Fuhren vorbereiten. Bei der letzten Tour sind wir auch dabei. Kaum zu glauben, es ist alles verladen. In Vesas Wagen ist kein Kubik mehr frei. Nichts zurückgeblieben. Außer, ja, Mozart, der Spaniel hüpft ganz verzweifelt um Vesas Auto und bellt. Als hätte er genau verstanden, dass es hierher keine Rückkehr mehr geben würde. Darf er nicht mit? Kirsi öffnet die Autotür. Es erscheint kaum möglich, Kirsi hält Eetu und das halbe Vorzimmer auf dem Schoß, aber, flutsch ist Mozart drin.
Wir sind mit Sanna, Esa und den Zwillingen auf der Windischen Höh. Das ist das Joch vom Gailtal hinüber zur Drau. Ein gemütliches Ausflugsgasthaus steht auf dem Wasenboden knapp am Abhang zum Gailtal. Wir nehmen hier einen Imbiss ein und einen Trunk. Auf einmal bemerken wir, dass von Waltteris Wasserglas am oberen Rand ein Stück fehlt. Kein Zweifel, er hat es abgebissen. Wir suchen das ausgebrochene Stück unter dem Tisch, unter den Bänken, an Waltteris Kleidung, an unserer Kleidung, nichts! Mein Gott, er wird es doch nicht verschluckt haben? Esa packt kurz entschlossen seinen kleinen Sohn an den Füßen, Waltteri hängt kopfüber an Esas Händen. Esa schüttelt Waltteri, während Sanna mit ihren Fingern in Waltteris Mund nach dem Glasstück tastet. Esa hat schon unsinnigere Aktionen geliefert. Eines Abends sitzen wir auf der Terrasse und studieren die Sternbilder anhand einer Illustration, die wir mit der Taschenlampe anleuchten. Esa behauptet, der Stern, um den es geht, steht gerade über uns. Ich bin anderer Meinung. „Aber schau doch, da!“ beharrt Esa und richtet die Lampe zum Himmel, um damit dessen behaupteten Standort anzuzeigen. Wo das Glasstück geblieben ist, konnte nie festgestellt werden. Es hat Waltteri nicht geschadet.
Wenige Jahre später, die Zwillinge gehen schon zur Schule, haben sie aufgehört, poschrrratzkuviisirrrkaschtsurrrkaka zu sagen. Sie haben angefangen, unsere komische Umgangssprache selbst zu lernen. Die Pim-Kai-Debatte läuft aber unverändert weiter. Einmal besuchen wir miteinander in Arnoldstein einen kleinen österreichischen Zirkus. Ein Clown-Akrobat zeigt Gleichgewichtskunststücke mit immer mehr irrwitzig aufeinander gestellten Sesseln. Nachdem ihm dabei schon die verrücktesten Malheure passiert sind, schickt er sich an, den wackeligen Turm zu besteigen. Waltteri ruft laut in den Trommelwirbel hinein: „Don’t do that!“
Bei einem Abendessen im ‚Montone‘ war an einem der Tische eine Gesellschaft von US-Amerikanern versammelt. Es muss sich um eine Musikgruppe mit einigen Begleiterinnen und Begleitern gehandelt haben, denn zwischendurch und nach dem Essen gaben sie ein paar musikalische Einlagen zum Besten, indem sie sangen und sich dabei begleiteten, indem sie mit ihrem Besteck und den Gläsern und den Tischplatten Rhythmus machten. Sie machten das ausgezeichnet und ernteten jedes Mal gerechtfertigten Applaus von den übrigen Gästen. Schließlich war abzusehen, dass sie im Begriff waren, das Lokal zu verlassen. Da stellte Waltteri sich vor sie hin und bettelte: „Sing, please!“ Sie taten ihm und uns allen den Gefallen und gaben ein Goody.
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