Konvent und Pöckau

Tennis Konvent und Pöckau

worin vorkommen: Arnoldstein, die Gailitz, die Klosterruine, das Dreiländereck, die Diözese Gurk, Pöckau, der Kokrabach, Erlendorf, die Gail, Villach, Georgien, der Gurker Dom, die Bleiberger Bergwerksunion, Michail S. Gorbatschow, Bayern München, Real Madrid, Barcelona, der KAC (Klagenfurter Athletiksport-Verein), sowie der Tschåldra (*) mit dem finnischen Liebeslied     (*alter, gebeugter Mann)

Wolfgang spielt auch Tennis. Rainer und ich haben das Tennis jetzt auch intensiviert. Wir brauchen etwas sportliche Bewegung neben der Arbeit. Als wir uns kennenlernten, waren wir dünn wie Cabanossi. Jetzt sind wir auf dem besten Weg in Richtung Käsekrainer. Das viele Sitzen, nur einmal am Tag anständig essen, jedoch spätabends und nicht zu knapp. Es gibt drei Tennisanlagen in Arnoldstein. Eine am Ufer der Gailitz neben der stark befahrenen Bundesstraße, auch die Eisenbahnbrücke über den Fluss ist nahe. Die pausenlos vorbeifahrenden Autos und Züge stören. Die Sportanlage wurde einst von der BBU (Bleiberger Bergwerksunion) errichtet, dem damals einzigen wichtigen Arbeitgeber in der Gegend, abgesehen von der Eisenbahn, versteht sich. Die zweite Anlage liegt auf einer langgestreckten Wiese eingebettet zwischen dem Felsenhügel, auf dem die Klosterruine thront, und dem Fuß des steilen Abhangs vom Dreiländereck. Demzufolge stören keine Straßen, keine Autos. Die dürfen nur bis zum Parkplatz, der außer Sichtweite ist. Dieses Areal, Konventgarten genannt, gehört der Diözese Gurk. Der Pfarrer von Arnoldstein hat verboten, Sonntagvormittag Tennis zu spielen. Niemand hält sich dran. Beichten geht auch niemand. Dann gibt es noch eine Anlage in Pöckau, dem kleinen Nachbarort, der politisch zu Arnoldstein gehört. Diese Plätze liegen ziemlich einsam zwischen dem Kokrabach, der sich romantisch durch die Gegend schlängelt, um bei Erlendorf in die Gail zu münden, und der Bahntrasse. Tatsächlich gehört dieses Areal den Bundesbahnen. Wir benutzen in der schönen Jahreszeit überwiegend die Plätze im Konventgarten, gelegentlich auch in Pöckau. Im Winter wird über den Plätzen von Pöckau eine Traglufthalle aufgestellt, die wir frequentieren. Mit Wolfgang spielen wir eher in Villach, das liegt ihm näher und sein Freund Ewald, übrigens ebenfalls Stauder, aber nicht mit Wolfgang verwandt, ist Villacher. Wolfgang ist ein ausgezeichneter Spieler mit perfekter Technik, ästhetischen Bewegungen und einem feinen Händchen. Da können wir nicht mithalten. Trotzdem spielt er gerne mit uns Banausen, vielleicht sieht er es als Public Relations-Maßnahme. Ewald hingegen ist eher unser Kaliber. Nana ist Georgierin. Eine zarte, kleine Frau, um einiges jünger als Ewald, der ein Bärentyp ist. Er handelt selbständig mit Baumaschinen, auch mit Kunden in Georgien, wo er oft zu finden ist, beruflich und auf Tour in den Bergen.


Der Tennis Klub Konventgarten ist eine Sektion des Arnoldsteiner Turnvereins. Der ist auch der Pächter der Tennisanlage samt Klubhaus. Die drei Plätze sind in gutem Zustand. Das Klubhaus hingegen ist eher eine Klubhütte. Eine uralte Kate, aber gemauert, wer weiß, welchem ursprünglichen Zweck sie gedient hat. Sehr schmal, keine fünf Meter breit, dafür lang und länger zieht sie sich hin vom Eingang an der Stirnseite, durch eine Art Rumpelkammer, anschließend eine kleine Gaststube, diese recht heimelig, Holzverschalung, ein paar wenige grobe Tische und Sessel. Wieder dahinter je zwei kleine Umkleideräume, WC und Duschen. In die Stube kann man auch von der Seite her eintreten, von einem schmalen Fußweg her, der als Zugang zum Klettergarten dient. Der Felsen des Klosterbergs wird zur Kletterausbildung von Schülern und Hobbysportlern benutzt. Die wollen oder müssen immer wieder das Klo der Tennishütte aufsuchen, was zu erbosten Reibereien mit dem Tennisklub führt. Wieso soll jemand vom Klub den Dreck der Kletterer wegputzen? Also probiert der Klub verschiedene Maßnahmen aus, um dieser Zumutung Herr zu werden. Am wenigsten bewährt sich der Kloschilling. Putzen muss man trotzdem. Die glatte Verweigerung ist auch nicht ideal. Die Notmaßnahmen sind vielfältig und erfinderisch. Meistens verletzen sie die öffentliche Ordnung. Zudem appelliert die Gemeinde immer wieder, Kletterern in Not Erleichterung zu gewähren. Da kann man doch nicht Nein sagen, zumal die Gemeinde immer wieder sponsert. Die Anlage wird betrieben von Herrn Fleißner, einem großgewachsenen Mann mit weißer Mähne, damals um die achtzig. Manchmal spielt er sogar noch selber. Wenn es auch nur leicht regnet, sind die Plätze für zwei volle Tage danach gesperrt, obwohl sie das Wasser gut aufsaugen. Zu groß ist die Angst, die Spieler könnten Kerben in den aufgeweichten Sand hacken. Das Bier, das Fleißner uns hinstellt, schmeckt seltsam. Ein Blick auf die Flasche erklärt uns, warum. Das Ablaufdatum liegt acht Jahre zurück. Irgendwann wird es dem alten Herrn zu viel. Ein etwas jüngerer alter Herr übernimmt. Kurti Mühlbacher. Mühlbacher muss als Mann äußerst aktiv gewesen sein. Wie seine Frau. Eine unüberschaubar verzweigte Verwandtschaft ist das Resultat. Manche von ihnen spielen Tennis. Viele von ihnen auch nicht. Doch alle zusammen frequentieren sie die Gaststube oder die kleine Laube, die Mühlbacher vor den Stirneingang gebaut hat. Was die Kantine hergibt und andere bezahlen müssen, genießen sie kostenlos. Einen von ihnen, ein alter Herr auch er, der bisher still hinter seinem Weinglas gesessen ist, durchzuckt neues Leben, als er mitbekommt, dass ich Finnin bin. In Kärnten kann es schon vorkommen, dass einer plötzlich zu singen anfängt, oder auch zwei oder drei. Aber dieser hier singt ja finnisch! Ein finnisches Liebeslied. Sehr traurig. Mit wehmütiger Stimme erklärt er, er sei im Krieg in Finnland gewesen und habe dort gemacht, was man im Krieg halt so macht, also ein Mädchen geliebt. Schau einmal an, Rainer. Das ist fünfzig Jahre her und der alte Mann kann immer noch Finnisch. So schwierig kann das doch nicht sein?


Das Alter zehrt auch an Mühlbacher senior und auch für ihn kommt der Tag, an dem er kein Tenniswirt mehr sein will. Vielleicht hat ihn auch die ständige Streiterei mit der Familie Pressl aufgerieben. Das ist der andere Clan, der im Klub besonders aktiv ist. Gerhard Pressl ist ein kräftiger Typ, laut und aufbrausend. Wenn er sich aufregt, wirkt er gefährlich mit seinen rollenden Augen. Er spielt selbst Tennis. Seine beiden Söhne, noch halbwüchsig, tollen sie die ganze Zeit auf den Plätzen herum. Spielerisch gelangen sie zu einem beachtlichen Können. Auch Gerhards Frau nimmt ab und zu den Schläger in die Hand. Sie ist eine kleine, liebe Kärntnerin, mit ihren hausfraulichen Fähigkeiten prädestiniert für die Kantine. Naheliegend wäre es, dass die Pressls den alten Mühlbacher entlasteten. Das scheitert aber gründlich. Anscheinend hat der andere Clan, also Mühlbachers Verwandtschaft etwas dagegen. Fürchten sie um ihre Privilegien? Jedenfalls gibt es andauernd Zoff. Bis Mühlbacher aufgibt. Von seiner Familie findet sich niemand, der den Job machen kann, keiner hat dafür genug Zeit. Da kommt es zum Machtwechsel. Die Pressls übernehmen.


Rainer hilft seit einiger Zeit mit Ratschlägen zur Vereinsführung. Die Verhältnisse sind bis dahin ziemlich ungeordnet gewesen. Es hat keinen richtigen Verein gegeben. Einen Pachtvertrag gibt es zwischen der Diözese und dem Turnverein. Der Leiter des Turnvereins ist Herr Wabnig. Abgesehen von seinem Namen sehr deutschnational. Turnvater Jahn… FPÖ-Mandatar. Die Tennissektion ist ihm völlig egal. Die Turnerinnen benutzen den Turnsaal einer der Schulen. Im Häuschen am Konventgarten haben sie nur unbrauchbares Zeug gelagert. Mit den Tennisleuten ist mündlich vereinbart, dass sie die Anlage samt Kantine benutzen dürfen und dass Wabnig einmal monatlich vorbeikommt, um die Monatsquote des Pachtbetrags zu kassieren. Viertausend Schilling jährlich, also 670 pro Schönwettermonat. Das ist nicht so wenig, was die vielleicht zwanzig Tennisleute aufbringen müssen. Rainer geht zum Pfarrer, um eine Ermäßigung zu erreichen. Als er zurückkommt, erzählt er:


„Der Geistliche Rat Josef Jobst sieht aus wie Gorbatschow ohne Schädelmal. Allerdings vermute ich bei Gorbatschow mehr Menschlichkeit. Der Pfarrer hat gesagt, wir sollen uns einmal überlegen, wieviel die jährliche Platzsanierung kostet. Aber das machen ja unsere Vereinsmitglieder selber und die Gemeinde sponsert das Material, habe ich eingeworfen. So eine Frechheit, der blöde Zug‘raste redet auch noch zurück! Der Pfarrer hat es offenbar als Beleidigung aufgefasst. Wenn es nach mir ginge, müsstet ihr zehntausend zahlen! Und überhaupt, auf eurem roten Sand, hat er gebrüllt, die was da rumrennen, die sind alle noch viel roter als der Sand! Und Sie, Sie hab ich in der Kirche auch noch nicht gesehen! Spontan ist mir der Pfarrer Vielnascher in Götzendorf eingefallen. Dann ist er leiser geworden. Und überhaupt, das geht mich alles gar nichts an. Zuständig ist der Vikar in Gurk. Gut, werde ich halt nach Gurk fahren. Nachgerufen hat er mir noch, ich soll schauen, dass am Sonntag nicht Tennis gespielt wird.“


Rainer ist wirklich nach Gurk zum Vikar gefahren. „Das war ein blasser Kanzleihengst. Er wieherte leise. Hat am Telefon gerade trocken die Pacht für eine Waldparzelle verhandelt. Also, besser diktiert. Der Grund (er hat jetzt zu mir gewandt den Konventgarten gemeint) ist fast ein Hektar. Wiesengrund. Das allein wären heute 7000 Schilling Jahrespacht. Der Vertrag läuft noch sechs Jahre. Der neue Pachtzins wird dann bei 10000 liegen. Und dann ist da ja noch das Gebäude. Das Gebäude, der redet von der Bruchbude, als wärs eine Villa. Also, mit 14000 wird man schon rechnen müssen, wenn verlängert werden soll. Aber wir wollen ja nicht verlängern, im Gegenteil, wir werden aussteigen müssen, wenn wir keine Reduktion zustande bringen. Dann müssen Sie aber die Tennisplätze abbauen, die ursprüngliche Wiese wiederherstellen. So stehts im Vertrag. Halsabschneider! Ich hab dann vorgeschlagen, die obere Hälfte des Grundstücks, die nur Wiese ist und die wir nicht brauchen, aus der Pacht zu nehmen. Das können wir machen, hat er gesagt. Wir setzen einen neuen Pachtvertrag auf. Beim aktuellen Preisniveau sind wir dann wieder bei 4000 Schilling, für die untere Hälfte und das Gebäude. Beutelschneider! Sachte, sachte. In diesen dürren Zeiten ohne Ablasshandel… Also, wenigstens hab ich den Gurker Dom gesehen. Der Hochaltar ist sechzehn Meter hoch und neun Meter breit und großteils in Gold gefasst.“


Rückbauen kommt natürlich auch nicht infrage. Das würde mehrere hunderttausend Schilling kosten. Also kratzen wir weiter das Geld für die Pacht zusammen und Wabnig kommt es abholen. Tennis ist ein schöner Sport und voller Niedertracht. Nachdem die Mühlbachers die Pressls endgültig hinausgeekelt haben oder, wer weiß, den Pressls die Nerven durchgehen, werden diese schließlich das Handtuch werfen. Der Mühlbacher Clan wird uns zu einer Besprechung zusammenrufen, in der uns mitgeteilt wird, dass der Tennisbetrieb eingestellt ist. 


Wir haben jetzt die Wahl zwischen Bundesstraße und Eisenbahntrasse. Die Anlage in Pöckau kennen wir schon ganz gut aus den Wintermonaten mit der Traglufthalle. Das Klubhaus ist relativ neu, zeigt aber trotzdem schon Verfallserscheinungen wie Sprünge in den Mauern und Setzungen. Hat man schlampig gebaut? Abgesehen davon ist es aber drinnen hübsch und gemütlich. Walter Truppe ist ein umtriebiger Vierziger, der nach irgendeinem beruflichen Pech in Privatkonkurs geraten ist. Der Betrieb der Tennisanlage gibt ihm die Möglichkeit, die Einschränkungen, die der Konkurs ihm auferlegt, weitgehend zu entschärfen. Er ist fast immer anzutreffen, schenkt aus und serviert. Wenn gerade nichts zu tun ist, liest er Bücher. Manchmal hören wir, wie man ihm Dickköpfigkeit vorwirft. Aber zu uns ist er immer höflich und nett. Auf der Anlage verkehren ungleich mehr Spieler beiderlei Geschlechts als im Konventgarten. Die vier Plätze sind gut ausgelastet. Die Turniere, die Walter veranstaltet, sind immer gut besucht. In den Stunden, wenn mehr Betrieb ist, ist zusätzlich eine Serviererin beschäftigt, bei Turnieren auch zwei oder mehr. Die Schank ist gut sortiert, man kann fast sagen, mondän. Campari wird gern genommen. Hinter dem Gastraum gibt es eine sehr kleine Küche, die aber herrliche Gerichte liefert. Mehr als eine Köchin findet kaum Platz. Einige Pöckauerinnen wechseln einander ab. Wenn viel los ist, schaffen sie es sogar zu zweit. Ein wundervolles Lachsfilet mit Kartoffeln an einem schönen Sommerabend auf der Terrasse vor der Stube unmittelbar vor dem ersten Tenniscourt wird mir immer in Erinnerung bleiben. Die Sommerturniere enden in einer ausgelassenen Grillerei. Für Winterfeste gibt es einen großen Saal.


Der Kärntner Lieblingssportarten sind Fußball, Schifahren, Eishockey und Eisstockschießen. Fußball und Eishockey spielen die Männer bei ihren örtlichen Vereinen bis ins mittlere Alter. Fürs Schifahren sind die jungen Talente in Vereinen organisiert, aber fast alle, jung und alt, Männlein oder Weiblein, sausen im Winter die Pisten hinunter. Viele gehen auch Bergtouren durch die verschneite Einsamkeit. Die letzten Abfahrten oder Touren sind Gesprächsstoff genauso wie die Leistungen der Spitzensportler. Der Schnee ist die Grundlage dafür, doch mehr noch der Patriotismus. Auf beiden ist leicht ausrutschen. Ebenso redet man über die letzten eigenen Fußballspiele und patriotisch über die Ergebnisse in der Region, in Kärnten und in Österreich. Gewinnt die Nationalmannschaft, wiegt Patriotismus vor. Leider muss er allzu oft dem Masochismus weichen. Über die Grenzen hinweg finden nur noch Bayern München, Real Madrid und Barcelona Beachtung. Beim Eishockey ist das wieder ganz anders. Man erfährt in den Medien über die Spiele des VSV (Villacher Sportverein) in der Spitzenliga, aber der Patriotismus fährt seine Klappmesser nur aus, wenn es gegen die Kacler geht, den Erzrivalen KAC (Klagenfurter Athletiksport-Verein). Die Abneigung zwischen den größten Städten Kärntens ist in aller Munde, doch gottlob nicht sehr ernst gemeint.


Neben dem Chorsingen ist das Eisstockschießen der wahre Volkssport der Kärntner. Fußball und Eisstock, das kann hier jeder. Kaum ein Kärntner, der nicht aktiv dabei ist, wenn die Stöcke übers Eis flitzen. Die Wettkämpfe florieren. In nahezu jedem Ort gibt es eine Eisbahn. Die meisten sind Natureis. Da ist man leider von den Launen der Temperatur abhängig. Daher haben schlaue Betreiber Bahnen auf Kunsteis errichtet. Da können die Wetterbedingungen nicht so stark mitbestimmen. Zu ihnen gehört auch Walter Truppe in Pöckau. Seine Eisbahn liegt zwischen dem nördlichen Rand der Tennisplätze und dem Kokrabach. Eine Kältemaschine sorgt für die tiefen Temperaturen. Die Auslastung ist gut. Die Kantine freuts. Eine Sache dabei ist ärgerlich. Die viele warme Luft, die die Kältemaschine in die Winterluft bläst. Das bringt Walter auf die Idee mit der Traglufthalle. Wenn die warme Abluft die Halle heizt, können die Tennisspieler auch im Winter sporteln und die Kantine wird noch mehr beansprucht. Walter mietet von einer deutschen Firma eine riesige Halle. Am Ende der Herbstsaison kommen ein paar Fernlaster. Den Aufbau besorgt die Firma. Die Halle besteht aus einem gigantischen Geflecht von Stahlseilen über zwei Schichten Kunststoff. Ein schieres Wunder, dass der Luftüberdruck imstande ist, den schweren Koloss über drei der vier Tennisplätze in die Höhe zu drücken. Ein paar Ventilatoren blasen pausenlos Luft in die Kuppel, um den Überdruck zu erhalten, sonst würde sie mit der ganzen an ihr hängenden Beleuchtung langsam zu Boden sinken. Ob das Sporteln in der Halle gesund ist, bleibe dahingestellt. Manchmal stinkt es drinnen penetrant nach Gummi. Der Überdruck entspricht etwa jenem beim Aufenthalt in einem Meter Meerestiefe. Die Halle betritt man durch eine Schleuse, sonst ließe sich die Tür nicht öffnen oder man würde schnurstracks vom entweichenden Luftstrom weggeblasen werden. Wenn es sehr kalt ist, schafft es die Heizung trotz Unterstützung seitens der Kältemaschine der Eisbahn nicht, tennisgerechte Temperaturen zu erzeugen. Am frühen Morgen eines kalten Wintertages glänzt ein eisiger Belag an den Wänden. Einmal, in einem schneereichen Winter, schafft das Gebläse es nicht mehr, genug Druck zu erzeugen, um die nasse Last zu tragen. Am Morgen liegt die Halle flach am Boden unter einer meterdicken Nassschneeschicht. Rainer gehört zu den Freiwilligen, die sich zum Abschaufeln melden. Es sind nicht wenige und doch brauchen sie zwei Tage für den Job. Tennis kann auch echter Wintersport sein. Egal, das nimmt man alles in Kauf, der geliebten Niedertracht zuliebe.


Zu Walters anfänglicher Genugtuung lässt die Auslastung der Tennishalle nichts zu wünschen übrig. Trotzdem sinkt im Lauf eines Jahrzehnts seine Freude darüber auf einen Tiefststand. Die Miete ist hoch und will erst einmal verdient werden. Zudem klettern die Energiekosten unbarmherzig in die Höhe, in einem Tempo, mit dem die Bereitschaft der Gemeinde zum Sponsoring nicht mithält. Walter ist gezwungen, Zahlungen aufzuschieben. Löcher werden aufgerissen, damit andere gestopft werden können. Eines Morgens liegt die Halle wieder flach. Walter behauptet einen Stromausfall. Das mag richtig sein, aber er sagt nicht, worauf der zurückzuführen ist. Man munkelt, unbezahlte Stromrechnungen. Dazu ist die Kuppel beschädigt. Die Steher für die Tennisnetze haben sich durch die Zelthaut gebohrt. Ein trauriger Anblick, der anschaulich wiedergibt, wie es um Walters Unternehmen bestellt ist. Die ganze Anlage wird stillgelegt. Keine Eisbahn mehr, keine Tennishalle und auch keine Tennisplätze, nicht einmal im Sommer. Einmal noch muss die Gemeinde tief in ihre Kasse greifen, um die mit der Bank ausgehandelte Vergleichslösung abzudecken. Es findet sich niemand, der die Anlage übernehmen würde und es scheint, dass der Gemeinde das ganz recht ist. Bei jeder Fahrt über die Bundesstraße zwischen Arnoldstein und Villach schweift unser Blick über die Felder hinüber zum Waldrand, wo einmal die Pöckauer Tennisanlage stand. Walter kann man noch lange mit einem alten Fahrrad durch Arnoldstein fahren sehen.

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