worin vorkommen: Turku, Kemi, der Bottnische Meerbusen, Schweden, Norwegen, Tromsø, das Europäische Nordmeer, Masku,
Rivolto, Kustavi, die Schären, Ruotsi (Schweden), die Pratersauna, Götzendorf, sowie Aufguss in der Unterhose.
Von Turku aus verläuft die Fernstraße 8 die Westküste entlang bis hinauf nach Kemi an der nördlichsten Spitze des Bottnischen Meerbusens und weiter der schwedischen Nordostgrenze folgend und hinein nach Norwegen bis sie in Tromsø am Europäischen Nordmeer endet. Die Kleinigkeit von 1410 Kilometer. So weit wollen wir heute nicht. Wir beschränken uns auf die ersten zwanzig Kilometer bis zum kleinen Ort Masku, wo wir Pirjo und Pentti besuchen wollen. Sie bewohnen einen großen Bungalow etwas außerhalb Maskus, auf einem der Felsenhügel, die aus dem umliegenden Birkenwald ragen, an einem Naturteich, den Pentti mit eigenen Händen aus einem kleinen Wasserloch vergrößert hat. Pirjo ist Soiles älteste Freundin und die treueste seit Studienzeiten, nämlich die einzige ihr in Finnland noch verbliebene. Eine kleine, magere Person, das Größte an ihr ist wohl ihr Herz. Ihr Sohn Vili ist auf dem besten Weg zum Manager, unterwegs in der ganzen weiten Welt, die Tochter heißt Anu, beide haben längst ihre eigenen Familien. Unterwegs war Vili auch, als er einmal mit einem Freund auf Europareise war und uns in Rivolto besuchte. Mama war auch da, daher war das Gästezimmer nicht frei. Vili und sein Freund mussten in der Turmruine nächtigen. Sie dachten, es würde nichts ausmachen, denn sie waren unterwegs mit Rucksäcken und Rollmatratzen. Es war dann aber doch ärger als erwartet. Die Gelsen hatten große Freude an diesen exotischen Blutkonserven. Dabei hatten sie noch Glück, dass die Skorpione sie in Ruhe ließen. Das sagten wir ihnen aber nicht.
Wenn wir Pirjo treffen, beginnen wir unsere Gespräche in Englisch. Pirjo war etwas wie Korrespondentin in einer Zuckerfabrik gewesen. Sie spricht Englisch recht gut, aber mit etwas Mühe, weil ihr so manches Wort nicht gleich einfällt. Nach einer Weile fallen Soile und Pirjo ins Finnische. Dann versuche ich mitzubekommen, worum es geht, meistens erfolglos. Die beiden Freundinnen haben einander immer viel zu erzählen, denn außer den obligaten Grußkarten zu Geburts- und Namenstagen, zu Weihnachten und Valentin tauschen sie bis zum nächsten Treff keine Neuigkeiten aus. Pentti war Lehrer gewesen, ich glaube an einer Berufsschule. Leider spricht er kein Englisch, sodass wir uns mehr mit Blicken verständigen, während Pirjo und Soile plaudern. Unter seiner hohen Stirn mit schütterem ergrauten Haar funkeln lebhafte, freundliche Augen in einem schmalen Gesicht, dem ein grauer Bart an Wangen, Kinn und Oberlippe einen würdigen Rahmen geben. Der Bungalow hat, die Geländeformen nutzend, eine zweite Ebene, aber nicht nach oben, sondern nach unten. Die Hauptebene ist also die oberste. Durch ein kleines Vorzimmer gelangt man in einen langen Korridor, dessen eine Seite an die ebenso lange, aber viel breitere Küche grenzt. An der anderen Seite des Korridors liegen die ehemaligen Kinderzimmer. Der Korridor öffnet sich in einen Salon, der zur Küche hin offen ist. Auf einem hellen Marmorboden liegen einige Teppiche nach persischer Art, insbesondere um die Sitzgruppe in barockem Stil in Weiß und Rot. Zur Küche hin ist ein langer moderner Esstisch platziert. Die geräumige Küche in Weiß ist perfekt aufgeräumt. Nichts steht herum oder deutet auf Benutzung hin. Nur ein einsames Tablett mit Sektgläsern lässt einen Begrüßungstrunk erwarten. Durch eine breite Tür, die offensteht, blickt man in ein Studio oder eine Bibliothek, die ganz in Dunkelrot gehalten ist, ebenfalls Barock. Am Ende des Salons führt eine breite Treppe ins Untergeschoß. Dort und vor dem riesigen Fenster zum Teich hin stehen reichlich Grünpflanzen in allerbester Gesundheit, makellos. An den Wänden Bilder, zum Teil von Pentti gemalt, und Fotos, im Raum allerlei interessante Dekoration auf Säulen und Schränkchen, jedoch sparsam und nicht überbordend. Das ganze Ambiente atmet vornehmen Geschmack. Na ja, der Schwan auf dem Wasser gleitet ruhig und majestätisch dahin. In die Lüfte wird er sich nicht erheben. Er ist aus Kunststoff. Die gepflegten Details dieses schönen Hauses sind wohl Pirjo zuzuschreiben. Pentti hingegen hat den größten Teil der Strukturen mit seinen eigenen Händen geschaffen, teilweise mit Hilfe von Freunden und Vili, aber nicht zuletzt auch Pirjos. Die ungekünstelte Natürlichkeit, mit der Pirjo und Pentti uns empfangen, beweist, dass Luxus und Menschlichkeit einander nicht ausschließen, besonders, wenn man jenen selber geschaffen hat.
Die Schäferhündin Sesse, die uns schon beim Aussteigen aus dem Auto aufs lebhafteste begrüßt hat, findet sich im Inneren des Hauses auf der Etikette der Weinflasche wieder. Wie viele Finnen ist auch Pentti stolz auf den selbst gekelterten Wein. Reben gibt es allerdings keine. Man hilft sich mit Johannisbeeren. Das Getränk schmeckt wie davongelaufener Johannisbeersaft, also solcher, der unseligerweise ins Gären geraten ist. Ich schwöre, ich habe nie Begeisterung darüber vorgetäuscht. Trotzdem gingen wir nie ohne die obligate Flasche Sesse aus dem Haus.
Später besuchten wir Pirjo und Pentti in ihrer Sommerhütte am Meer. Hütte ist gut. Dort im Wald bei Kustavi steht ein Sommerhaus, etwas kleiner als in Masku, aber nicht viel. Kustavi (ich vermute einen Zusammenhang mit einem der schwedischen Gustafs oder Gustavs. Im Finnischen gibt es kein G. K wird oft wie G gesprochen) liegt siebzig Kilometer westlich von Turku (oder Masku) im Insellabyrinth der Schären auf der größten in diesem Bereich, über eine Straßenbrücke mit dem Festland verbunden. Die Sommerhütte ist der Finnen wichtigstes Must-have, gleichrangig mit der Sauna. Wer immer es sich irgendwie leisten kann, besitzt ein kleines Stück Wald am Meer oder am See mit Häuschen, Sauna und Motorboot. Weniger Begüterte begnügen sich mit einer windigen Bretterbude und Sauna und Ruderboot. Der Lust, die wenigen schönen Tage des Jahres in der Natur zu verbringen, tut das keinen Abbruch. Wer Glück hat, muss nicht allzu weit reisen zu seiner Hütte und kann sie auch an Wochenenden genießen. Wenn der Platz mit dem Auto erreichbar ist, oft unter Verwendung einer Fähre, erübrigen sich viele Probleme. Viele müssen aber das eigene Motorboot benutzen, um auf ihre Insel zu gelangen. Solche Stellen sind meistens ohne jede Infrastruktur. Man muss schon sehr sorgfältig planen, um alles mitzubringen, was man für längere Zeit braucht. Die auf Straßen erreichbaren Plätze sind dichter besiedelt, vor allem in der Nähe größerer Städte. Trotzdem vermitteln die meisten Grundstücke den Eindruck der Einsamkeit, weil sie im Wald versteckt liegen und kaum Blickkontakt zum Nachbarn besteht. Sind Nachbarn in der Nähe, hört man sie eher, als dass man sie sieht. Die Grundstücke sind nicht eingezäunt. Die Anrainer respektieren die fremden Territorien und sollte ein seltener Wanderer durch die Gegend ziehen, wird er sich bemühen, den Behausungen nicht zu nahe zu kommen. Trotz der Eigentumsverhältnisse gehört die Natur mit allen ihren Früchten der Allgemeinheit und jedermann darf sich darin frei bewegen, aber Respekt ist geboten und wird auch gezollt.
Wenn es sich nicht um ein sehr abgelegenes Grundstück handelt, ist meistens Strom vorhanden. Wasser hingegen nur selten. Das heißt, man sammelt Regenwasser und bringt darüber hinaus Trinkwasser mit. Als Toilette dient eine kleine, abseitsstehende Kabine am Waldrand mit Plumpsklo über einem gegrabenen Loch. Statt mit Wasser zu spülen, streut man mit einem Schäufelchen ein in einem Eimer bereitstehendes, vermutlich neutralisierendes und desinfizierendes Pulver in das Loch. Trotzdem steht eine kleine Menge Wasser bereit zur Beseitigung eventueller Verunreinigungen. Man bemüht sich, so wenig Papier wie möglich zu hinterlassen. So ist es auch bei Pirjos und Penttis Sommerhaus. Die sonstige Einrichtung erhebt sich weit über solche primitiven Umstände. Wenn man nicht gerade aufs Klo muss, ist jeder gewohnte Luxus vorhanden. Pirjo bringt manches Vorgekochte aus Masku mit, kann aber in der gut ausgestatteten Küche auch vor Ort alles herstellen, was das Herz begehrt. Allenfalls fehlende Zutaten kann man aus einem Laden im Zentrum von Kustavi einkaufen. Zehn bis fünfzehn Minuten dauert die Autofahrt dorthin. Das war auch unser Treffpunkt mit Pentti. Er kam mit dem Wagen, um uns zum Sommerhaus zu lotsen. In Zeiten ohne Navi hätten wir uns auf den Schotterstraßen durch den Wald bestimmt verfahren. Neben dem Haupthaus gibt es noch ein einfacheres ebenerdiges Holzgebäude mit hübsch rustikal gehaltenen Gästezimmern. Es beherbergt auch die obligate Sauna.
Pentti bot uns eine Bootsfahrt an. Wir spazierten über einen Pfad durch den Wald hinunter zum Strand. Zwischen den gewohnten rötlichen Granitbuckeln, von der Eiszeit geformt, liegen kleine Buchten im Schilf. In einem gewissen Bereich hat man das Rohr geschnitten, um Platz zum Baden und für den Landesteg und den Liegeplatz zu gewinnen. Wir fanden uns nicht am offenen Meer, sondern an einer relativ engen Wasserstraße, einen Steinwurf vom gegenüberliegenden Ufer entfernt. Dort befinden sich ebenfalls Anlegeplätze. Penttis Steg mündet in einen Holzverschlag, Bootshaus wäre zu viel gesagt. Von dort zog er mit einer Stange ein Motorboot hervor. Es war ein viersitziges Sportboot mit Außenbordmotor, vielleicht vier Meter lang. Pentti holte aus einem Seitenteil des Verschlags Schwimmwesten, die wir über unsere warmen Westen anlegen mussten. Ist Vorschrift. Es war ein Sommertag nicht lange vor Juhannus (Johannistag). Mittsommerfest. Für Finnen nicht weniger wichtig als Weihnachten. Wer kann, verbringt dieses Wochenende in einer Sommerhütte. Es gibt jedes Jahr zwanzig Tote auf dem Wasser (Alkohol!). Das Wetter war wechselhaft, einmal dichtere Wolken, dann wieder sonnige Abschnitte. Über achtzehn Grad hinaus wollte das Thermometer nicht klettern. Während Pirjo uns beim Anlegen der Schwimmwesten half, füllte Pentti aus einem Kanister Treibstoff nach. Dann stiegen wir alle ein, Pentti setzte sich ans Steuer und wir fuhren los. Sehr gemächlich fuhren wir durch den Wasserarm. Wir musterten die Boote an den Stegen. Sportboote und Segeljachten, dazwischen Entenfamilien mit ihren süßen Neugeborenen, die über die sachten Wellen schaukelten. Schwäne. Gänse. Ab und zu konnte man bis zu einzelnen Sommerhütten sehen, die aus dem Wald hervorguckten. Hie und da begegneten wir anderen Booten, Paddlern und Ruderern, oder es überholte uns ein Motorboot, wobei sich Penttis freundliche Miene vorübergehend abschätzig verzog. Der Meeresarm öffnete sich in ausgedehntere Wasserflächen, die aber alle an der Küstenlinie irgendeiner Insel endeten. Pentti gab jetzt tüchtig Gas. Mit einem Mal blies uns eine kalte Brise um die Ohren. Ich fragte mich, ob unsere Kleidung auf Dauer warm genug sein würde. Die Wellen hatten ihre Sanftmut aufgegeben. Wuchtig schlugen sie jetzt gegen den Bug und die Gischt spritzte uns in die Gesichter. Segelschiffe lagen schräg am Wind. Pirjo rief ihrem Mann etwas zu. Wahrscheinlich verlangte sie umzukehren. Sie musste schreien, weil der Wind den Schall davontrug. Was der Wind dem Lärm des Außenborders nahm, ersetzte er ausgleichend mit seinem eigenen Brausen. Pentti lächelte und hielt Kurs. So lange, bis die Entfernungen zwischen den Inselchen größer wurde und die Mehrzahl von ihnen hinter uns lag. Zwischen zwei weit auseinanderliegenden Küstenlinien lag ein graues Loch. Man konnte nicht unterscheiden zwischen Himmel und Wasser. Es war alles eins. Pentti deutete in diese Richtung. „Ruotsi!“ schrie er. Dieses Wort kannte ich: Schweden. Von Steuerbord näherte sich in einiger Entfernung ein Fährschiff. Pentti drehte jetzt ab. Er war zufrieden. Wir hatten das Meer gesehen.
Als wir zurückkamen, war uns richtig kalt. Unsere Gastgeber schlugen einen Saunagang vor. Ich machte mir nichts aus Sauna. In jungen Jahren hatte ich mit meinen Freunden Bernd, Loisl, Heinz und Ladi eine Zeitlang die Pratersauna frequentiert. Wir waren aber nie in der öffentlichen Sauna, sondern immer nur beim Bowling. In Götzendorf hatte ich für Annamaria eine kleine Sauna eingebaut. Sie war aber nicht häufig verwendet worden. Es war mir zu heiß und das Schwitzen empfand ich als unangenehm. Mit Soile hatte ich einmal die Sauna bei Sirkku benutzt. Von den übrigen Finnen und Finninnen hatte sich niemand getraut, gleichzeitig mit uns zu saunieren. Das hatte mich gewundert, denn ich hatte gelesen, was für einen gesellschaftlichen Stellenwert die Sauna für die Finnen haben sollte und dass sogar sonst fremde Geschäftspartner miteinander in die Sauna gingen. Ich wusste, dass bei uns in Österreich öffentliche Saunen zu bestimmten Zeiten für Frauen, zu anderen Zeiten für Männer reserviert waren, die meiste Zeit aber, mancherorts sogar ausschließlich, gemischter Betrieb vorherrschte. Selbst aber war ich, abgesehen von Annamaria oder Soile, nie mit anderen Personen im Schwitzbad gewesen. Das also sollte nun passieren. Ich kann nicht leugnen, dass mich eine gewisse Erregung erfasste. Zwar verurteilte ich sie sogleich als dumm und spießig, aber der Gedanke, bald nackt mit einer nackten Frau, die nicht Soile war, aber ihre Freundin, auf engem Raum zu sein, ließ sich nicht so einfach wegschieben. Ich spürte das Testosteron einschießen und wusste nicht, wie ich das verhindern sollte. Vermutlich würde Pirjo nicht weniger empört sein als Pentti und Soile. Zu dritt würden sie mich aus dem Haus jagen und ich müsste mich im Bottnischen Meerbusen ertränken. Nun gut, wenigstens in einem Busen!
Ich half Pentti beim Feuermachen in dem Saunaofen und wir richteten den Bottich und die Kelle her für die Aufgüsse. Sinnlos. Die würde ich nicht mehr erleben, dessen war ich mir sicher. Der kleine Bottich wurde mit Regenwasser befüllt. Auf die Sitzflächen legten wir Handtücher. Sie waren sehr klein. Auf denen konnte man nur sitzen, nichts würden sie verbergen. Schöne, große Badetücher wurden vor der Sauna bereitgelegt. Vielleicht konnte ich ja meines mit hineinnehmen? Der kleine Raum kam bald auf Betriebstemperatur. Jedes Jahr brennen in Finnland eine nicht geringe Anzahl Saunen ab. Sogar in Alexis Kivis Roman ‚Sieben Brüder‘ war das Thema (Alexis Kivi schaffte mit dieser Erzählung den Eintritt der finnischen Sprache in die anerkannte Literatur. Davor war Schwedisch angesagt). Pentti zog sich vor der Sauna aus und erwartete von mir, Gleiches zu tun. Ich legte meine Kleider ab, zuletzt auch die Unterhose. Da nur Pentti anwesend war, hatte sich mein kleiner Rainer vorläufig beruhigt. Zudem sah ich, dass Pentti seine Badehose angelassen hatte. So rasch ich konnte, sprang ich wieder in meinen Slip und folgte Pentti in die Hitze. Gleich darauf hörte ich die Stimmen unserer Frauen von draußen. Die Tür sprang auf und herein kamen Soile und Pirjo, beide in Badeanzügen. So saßen wir ganz privat in der Sauna, gemischt, aber züchtig bekleidet. Es war heiß und fad. Der Bottnische Meerbusen musste noch eine Weile ohne mich auskommen.
Das Saunavergnügen brachte doch noch eine schon nicht mehr erwartete Wendung. Soile und ich hatten uns schon in unsere Nachtkammer zurückgezogen. Ich wollte noch einmal das Plumpsklo am Waldesrand aufsuchen oder mich einfach in die Büsche erleichtern. Pirjo war noch damit beschäftigt, die Spuren unserer Anwesenheit in der Sauna zu beseitigen. Ihren Badeanzug hatte sie wohl zum Trocknen an eine Schnur gehängt. Pirjo war völlig nackt. Sie hatte nicht erwartet, noch jemanden anzutreffen. Den überraschenden Anblick ihrer kleinen Gestalt, das kleine Körperchen, schon überreif, doch mit immer noch attraktiven Formen, ich sehe es heute noch vor mir. Bei allen den freundschaftlichen Treffen Pirjos mit Soile, bei denen ich danach anwesend sein sollte als stiller Nichtsversteher, fragte ich mich, ob Pirjo diese nächtliche Begegnung erinnerte. Es war ihr nicht anzumerken.
2012 ist Pentti verstorben. Soile und ich waren auf seinem Begräbnis. Es regnete leicht. Viele Trauernde, alle in elegantem Schwarz. Ich hätte nicht gedacht, dass sogar die schweigsamen Finnen noch verstummen können. Pirjo in Tränen aufgelöst. Wir luden sie nach Kärnten ein, um sie auf andere Gedanken zu bringen. Wir taten es immer wieder in den Jahren. Doch Pirjo ist nie gekommen. Sie verkaufte das große Haus samt Inventar, baute von dem Geld ein kleineres in Anus Nachbarschaft, auch in Masku, aber unten in der Ebene zwischen den Feldern. Sie nahm verschiedene ehrenamtliche Tätigkeiten an, sang in einem Laienchor. Zu Pirjos Geburtstagen schickte Soile eine Glückwunschkarte und Pirjo schickte eine zu Soiles Geburtstagen. So wie zu den Namenstagen. Zusätzlich telefonierten sie miteinander. So wie zu Weihnachten. Wenn wir in Finnland waren, sahen wir uns für zwei Stunden bei Kaffee und Kuchen abwechselnd in ihrem Haus oder in unserer Wohnung. Jedes Mal dachte ich an meine eigenen schlecht gepflegten Freundschaften. Aber durch so stereotype Rituale hätten die meinigen auch nicht länger gehalten. Oder?
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